Talk-Runde mit Rosberg

Ex-Formel-1-Pilot Nico Rosberg trat exakt zur richtigen Zeit beim Deutschen Logistikkongress auf, um seine einstige Konkurrenz zu Lewis Hamilton mit dem Geschehen in der Transportbranche zu vergleichen – und zu erkennen, wann in übergreifenden Fragen am gleichen Strang gezogen werden sollte.

 Mit der Energiewende, der Coronakrise, dem Unterbruch essentieller Lieferketten und dem Ukrainekrieg sieht sich die Logistikbranche zurzeit im Auge eines Hurrikans, dessen Auswirkungen und Ausläufer in den Griff zu bekommen gar nicht so einfach ist. Schliesslich müssten auf zahlreiche Einzelprobleme heruntergebrochen innovative, aber beispielsweise auch  längst drängende Emissionsfragen gegenwärtig alle gleichzeitig gelöst werden.

Stahl aus Wasserstoff und CO2?

Ansätze zu demzufolge etlichen Aktivitäten führte Thomas Wimmer, Vorstands-Chef der deutschen Bundesvereinigung Logistik (BVL), bereits zum Auftakt des mehr als 2000köpfigen Treffs der Branche, exemplarisch ins Feld: Massnahmen gegen Engpässe in den Supply Chains, die nicht mehr auf einzelne Quellen und wie im Fall Chinas bei Silizium und seltenen Erden aus Russland – auf Monopol-Lieferanten, sondern auf «Multiple Sourcing» setzen sollten. Digitale Potenziale, sagt er, liessen sich mit Unternehmen wie Siemens gut heben, die sich ausdrücklich anbieten, «reale und virtuelle Welten zusammenzuführen». (Wenngleich Siemens zur selben Zeit auch selbst 10 Mio. t an eigener CO2-Produktion im Konzern mit rund 300.000 Mitarbeitenden nicht leugnen könne).

Der schwedische Stahlhersteller SMS, erläutert Katja Wind, Mitglied der Geschäftsleitung und BVL-Vorständin, arbeitet an einem voraussichtlich insgesamt 5,5 Mrd. Euro teuren Stahlwerk, dass komplett mit Wasserstoff und unter CO2-Verwendung völlig ohne zusätzliche Emissionen den teuren Werkstoff für die Autoindustrie bereitstellen soll. Immerhin trage die Herstellung von Stahl 0,7 Prozent zur weltweiten Wirtschaftsleistung bei – aber das Zehnfache zu den weltweiten Emissionen.  

Im Auge des Hurrikans. Fotos: klk

Eines der für den deutschen Logistikpreis nominierten Projekte ist einem im sogenannten «Brownfield», also in «althergebrachten Strukturen» angesiedelten Umfeld einer Uni-Klinik (Mannheim) zu verdanken, wo per KI und Digitalisierungs-Konzept eine grundlegende Modernisierung der Intralogistik, Material- und Medikamenten-Versorgung umgesetzt werden konnte.

Und bei den «grossen Brocken» konnte Hapag Lloyd dieser Tage die Verschiffung von schweren Gütern durch automatisierte Verfahrensweisen beim Handling und Verladen erleichtern – und will auch dadurch vielfältige Emissionen auf ein geringeres Mass reduzieren.

Viel zu tun also für einen Wirtschaftszweig, der sich bislang – vor allem aufgrund seiner hohen Verkehrsleistung und des grossen Anteils an konventionell und fossil betriebenen Transportsystemen – immer wieder als «extrem konservativ» bezeichnen lassen muss.

Einer wie Nico Rosberg kommt hier gerade richtig, um Nachhaltigkeit und Elektro-Mobilität «ein wenig cool zu machen», wie er es selbst formuliert. Ganz nebenbei, wie berichtet, inzwischen auch als «Marken-Botschafter» für Staplerhersteller Jungheinrich.

Logistik - eine Baustelle «per se»        

Cloud4Log, ein Kooperations-Projekt von BVL und GS1 Deutschland, um den Umgang mit elektronischen Frachtbriefen digital zu beschleunigen und bislang eher umständliche Papierdokumente zu ersetzen, wird hier als modellhaft gesehen.

Christa Koenen, Digital-Chefin bei Schenker, hat hier auch nochmal Gelegenheit, für die Open Logistics Foundation zu werben, die statt der üblichen Konkurrenz zwischen den Logistik-Unternehmen auf den Katalysator-Effekt gemeinsamer Standards beim Datenaustausch setzt. Schliesslich habe seinerzeit auch ein Malcolm McLean das Grundprinzip des Containers als Transportbehältnis weltweit offen zur Verfügung gestellt. Wie zufällig baut sie damit die Brücke zu Nico Rosberg. Der heute 37-Jährige berichtet von der harten Konkurrenz – sogar innerhalb des Mercedes-Rennstalls, wo er mit Lewis Hamilton um wertvolle Titel rang. «Sogar unsere Mechaniker waren irgendwann regelrecht verfeindet und haben nicht mehr miteinander geredet». Als es dann in einer Endrunde darum ging, Ferrari das Nachsehen zu geben, arbeiteten dann plötzlich doch wieder alle zusammen. Rosberg: «Das war wie ein Schock». Schliesslich gehe es etwa auch beim Reifenwechsel um jedes Detail. Das Leben des Fahrers hänge davon ab, dass alles ordnungsgemäss ablaufe. Als es um das übergeordnete Ziel ging, hätten alle wieder zusammengehalten. In Folge habe er «Ferrari nicht mal mehr im Rückspiegel gesehen».

Ob die deutsche Wirtschaft  - vor allem die Logistik – sich mit Formel-1-Qualitäten profilieren kann, wenn es um Fragen der Nachhaltigkeit, Energiewende, Digitalisierung und Elektro-Mobilität geht, beantwortet Rosberg mit einer typischen Rennfahrer-Analogie. «Wir müssen schneller schalten», meint er.  

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