Die meisten Kühllager arbeiten heute immer noch manuell. Wie ein Einstieg in die Automatisierung aussehen kann, diskutierte der Schweizerische Verband für Temperaturgeführte Logistik auf Einladung der Transgourmet in Kriens: Zum Beispiel schrittweise mit einem Programm namens S.A.L.T. 

Die Transgourmet selbst sieht sich mit 31425 Mitarbeitenden und dem unter demselben Dach tätigen Abhol- und Grosshandel der Prodega als zweitgrösstem Cash & Carry-Foodservice Europas in Hamburg sogar mit der Lebensmittel-Versorgung von Handelsschiffen betraut. In der Schweiz zählt die Prodega, Gastgeber in Kriens, 1953 Mitarbeitende in 31 Abholmärkten und zehn Regionallagern, die laut offiziellen Zahlen rund 1,74 Mrd. Franken erwirtschaften. «Für rund 100.000 Kunden», sagt Jürg Schenk, Logistik-Chef der Transgourmet Schweiz, «sind die bis zu 5300 Quadratmeter grossen Abholmärkte so etwas wie begehbare Kühlschränke». Demnach der ideale Ort, um Fragen der Automatisierung von Flurförderzeugen zu diskutieren, die zudem einige Anforderungen erfüllen müssen. Die Digitalisierung – zumal im Warehouse-Management – wird als Voraussetzung begriffen. Und autonome Stapler, wie vielerorts beschworen – warum eigentlich nicht schon heute?

Abb.: Prodega/Transgourmet

Als namhafte Intralogistik-Ausrüster für die Kältebranche hatten Philippe Riedweg von Stöcklin Logistics, Mauro Lunardelli, Mitglied der Geschäftsführung von SSI Schäfer Schweiz, sowie Jürgen Rammerstorfer vom Planungsbüro der RALOG Gelegenheit, exemplarisch ihre Leistungen zu entfalten.

So hat Stöcklin 1934 mit Sackkarren begonnen, um mittlerweile auch mit seinem neuen Technikzentrum in Laufen das gesamte Spektrum innerbetrieblicher Transporte parat zu halten. Das Portfolio reicht vom anerkannt «robustesten aller Niederhub-Modelle» bis hin zum bereits seit etlichen Jahren genutzten Robotisierungs-Aufsatz für herkömmliche Stapler nach dem «Eagle-Ant»-Prinzip.

Der Fachkräfte-Mangel, besser einzuhaltende Lieferketten und Effizienzsteigerung sind die wiederkehrenden Argumente für die – oft auch mit erheblichen Investitionen verbundene – Automatisierung beim Materialfluss. Laut Philippe Riedweg ist aber auch der Verschleiss durch die Regelmässigkeit des Betriebs, sowie weniger ruckartige Brems- und Beschleunigungs-Vorgänge geringer. Zu früheren Zeiten mögen notwendige Vorinstallationen, starre Leitsysteme und nur von Fachleuten zu programmierende Veränderungen an den Transportrouten hinderlich gewesen sein.

Fotos: klk.

Doch inzwischen sorgen Künstliche Intelligenz, neue Navigations-Möglichkeiten und erweiterte Teach-in-Methoden für mehr Flexibilität, ohne in Hallen und Lagern teure Hardware und Infrastruktur durch kostenaufwändige Umbau-Massnahmen inszenieren zu müssen. Moderne Orientierungs-Systeme kommen auch mit zuvor anders genutzten Hallen, Säulen und Hindernissen in so genannter «Brownfield»- Umgebung zurecht. Auch deshalb, so Riedweg, sei das «inzwischen gar nicht mehr so extrem kompliziert».

Ein bereits zuvor geleisteter Einstieg in die Digitalisierung und entsprechende Datengrundlagen seien natürlich schon erforderlich, sagt Mauro Lunardelli, um automatisierte Flurförderzeuge sinnvoll einführen zu können. «Eine vernünftige Software ist unabdingbar».

Die richtige Kombination finden

Bei SSI Schäfer dient ein Akronym namens S.A.L.T. (einst als Kürzel für Abrüstungs-Verhandlungen unter den Supermächten bekannt) dazu, den Übergang zu automatisierten Lösungen zu umreissen. Jetzt also statt der Abrüstung eine Aufrüstung zur hochtechnisierten Intralogistik, die sich an räumlichen Gegebenheiten («Space»), Exaktheit («Accuracy»), vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Arbeitskräften («Labor») sowie der gewünschten Lagerkapazität und dem erforderlichen Warendurchsatz («Troughput») orientiert.

In verschiedensten Projekten wurden Paletten-, Verschieberegale und Kanallager mit hoher Lagernutzung miteinander verglichen, wobei sich das «Orbiter Shuttle», das auch mit konventionellen Staplern angedient werden kann, in der Kombination als optimal erwiesen habe.

Beratend stehen Planungsbüros wie die von Jürgen Rammerstorfer betriebene RALOG zur Seite. Der Ingenieur räumt ein, dass die zahlreichen Begrifflichkeiten Fahrerloser Transportsysteme (FTS), Automated Guided Vehicles (AGV) und Autonomous Mobile Robots (AMR) die Sache auch nicht unbedingt einfacher machen. Am Beispiel eines Metall verarbeitenden Betriebs erläutert er das häufige Ringen um Details, wenn es um die Verknüpfung automatisierter Schmalgangstapler, die Anlieferung von Rohmaterial mit manuellen Geräten und die Handhabung von Leergebinden mit Fahrerlosen AGVs geht. Oft seien alte Denkweisen zu überwinden. Wenn es ab und zu darum gehe, überkommene Methoden durch neue zu ersetzen, «denke ich schon des Öfteren mal, ich bin im falschen Film», erklärt er humorvoll.

«KI» könnte die Sache erleichtern

SVTL-Geschäftsführer Georg Burkhardt stellt die Frage in der rund 20 Teilnehmende zählenden Gruppe, wieviele der Verbands-Mitglieder und Kühlhaus-Betreiber sich wohl vorstellen könnten, dass es in fünf Jahren womöglich keine Staplerfahrer mehr geben werde. Die meisten reagieren zögerlich und tendieren wohl mehr zu einem Jahrzehnt. Aber auch dies wird sich noch weisen müssen. Systeme und Geräte, die durch neue Formen der «KI» ertüchtigt werden, dürften hier wohl ihren Beitrag leisten. Burkhardt: «Wir sollten das Thema im Auge behalten».

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