Swisslog-CEO Christian Baur

Mega-Distributionszentren entlang der Autobahnen sind schon ein gewohntes Bild. Jetzt können automatisierte Kleinverteilzentren in Citynähe zur Nachhaltigkeit beitragen. Wenn man es richtig aufzieht, sagt Swisslog-CEO Christian Baur, sind Retouren zu sparen, Strecken und Energieaufwände zu vermeiden.

«Durch Corona hat der eCommerce einen unglaublichen Schub bekommen», umreisst Baur im Rahmen einer Online-Gesprächsreihe auf die Boom-Situation für die Automatisierer im Logistikbereich. Ganz neu ist das Augenmerk auf miniaturisierte aber hocheffizient automatisierte Lagersysteme auch für den Handel vor Ort nicht. Apotheken mit hohen Umsätzen leisten sich in stark frequentierten Innenstädten schon seit Längerem den Luxus, ihre Lagerbestände auf hohem Niveau verfügbar zu halten. Für kleinere Kunden, so Baur, lohne sich das nicht. Der Investitionsaufwand liege doch um Einiges über den Kosten, die sich kleinere Marken und Ladengeschäfte noch leisten könnten. Auf der anderen Seite drohe dem Einzelhandel in der City immer stärker das «Aus». Diese Entwicklung, die mit Amazon den Anfang genommen habe, «können wir nicht aufhalten».

Abb.: Swisslog/Kuka

Diskussionsteilnehmer wollen dann auch wissen, «wie nahe» solche neuen Verteilzentren, die nach Ansicht von Fachleuten natürlich auch von mehreren Teilnehmern gemeinsam genutzt werden könnten, ins Stadtzentrum rein sollten. «Direkt in die Fussgängerzone»?

Christian Baur verweist auf unterschiedliche Strukturen, wenn es etwa um den US-Markt geht, auf dem Swisslog mit seinem Micro-Fulfillment bereits ordentliche Referenzen eingesammelt hat. Denn dort ist der Trend bereits seit Jahrzehnten nicht mehr auf die City oder den Erhalt attraktiver Innenstädte gerichtet, sondern eher auf «drive in»-Konzepte und hohen Umsatz auf der «grünen Wiese» gerichtet. In Europa werde das Ladensterben nicht mehr zu stoppen sein. Automatisierer wie Swisslog bauen deshalb – unter Berücksichtigung inzwischen zahlreicher Studien und Konzepte zur drohenden Verödung der Innenstädte – vor. «An unseren Altstädten haben wir nicht mehr so grosse Freude. Aber es gilt sie zu erhalten und mit Aktivität zu erfüllen, nicht sie abzureissen. Baur zur Frage der Grössenordnung für künftige Mini-Distributionszentren: «Wir haben auch eine Konzeptstudie mit einem Standard-Schiffscontainer. Das sind Module mit Storage- und Kommissionier-Modulen, die sich je nach Bedarf zusammenstellen lassen». Auch eine Frage des Automatisierungsgrades: «Wenn nachts immer noch einer um 3 Uhr hin muss, ist das noch nicht befriedigend».

Swisslog, sagt Baur, habe kein Interesse daran, solche Lager selbst zu betreiben. «Aber alle, die nicht Amazon sind, müssen etwas besser machen, sonst haben sie keine Chance». Swisslog will erklärtermassen die «Hardware» liefern. «Wir haben jetzt erstmal Prototypen. Aber der Markt macht extrem schnelle Fortschritte».

Baur betont drei der seiner Ansicht nach wichtigsten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mega-Trends: E-Commerce, autonomes Fahren und der Kundenwunsch, im Lebensmitteleinzelhandel frische Ware am besten aus der Region zu beziehen. Die Konsequenz daraus: Schnelle Auftragsabwicklung, kurze Lieferwege und auch Warentransporte über Nacht mit selbsttätig und praktisch geräuschlos fahrenden Elektrofahrzeugen. Baur ist zuversichtlich: «Ich bin davon überzeugt: Das Micro-Fulfillment-Center wird zu diesem Gesamtkonstrukt seinen massgeblichen Beitrag leisten.»

www.swisslog.ch / www.kuka.com