Die Leitsteuerung gibt mobilen Transportrobotern vor, welche Routen sie fahren und welche Aufgaben sie übernehmen sollen. Doch die Anschaffung eines zentralen Systems kann teuer sein. Transportsysteme mit dezentraler Steuerung sind oft kostengünstiger und flexibler anpassbar. Sagt Robothersteller Safelog - und lässt nicht locker.
Die Leitsteuerung gilt als das Herzstück von fahrerlosen Transportsystemen (FTS). Sie gibt für die zum FTS gehörenden mobilen Transportroboter (MTR) die Routen vor, weist Transportaufträge zu und steuert den gesamten Verkehr. Gibt es Bereiche, in denen mehrere Fahrzeuge aufeinandertreffen, entscheidet der Leitstand, wer wann und wo fahren darf. Auch einzelne Aktionen der Roboter, beispielsweise das Abbiegen, Stoppen oder Blinken werden zentral gesteuert. Dabei kommuniziert das integrierte Leitsystem über WLAN nicht nur mit den mobilen Robotern, sondern auch mit Peripherieanlagen wie Brandschutztoren, Fördertechniken und Übergabestationen.
Beispielsweise sorgt die Leitsteuerung dafür, dass der MTR erst an der Übergabestation andockt, wenn diese bereit ist. Basis ist eine Software, die Daten sammelt und Aufträge einzelnen Fahrzeugen zuordnet. «Die Roboter selbst wissen aber nicht, welche Aufgaben sie übernehmen, sondern führen einfach nur die Aufträge aus», sagt Michael Reicheicher, Geschäftsführer des Robotherstellers Safelog. «Dabei gibt es systembedingte Abstufungen, inwieweit sich der Leitstand in das Verhalten einmischt.»
Agentenbasiert
Ist die Verbindung zum Leitstand unterbrochen, weil das System gewartet werden muss, Fehlermeldungen vorhanden sind oder das Funknetz gestört ist, steht die gesamte Roboterflotte still. Sind mehrere Transportroboter im Einsatz, kann es bereits problematisch werden, wenn nur ein Fahrzeug ausfällt und die Kommunikation zum Leitstand gestört ist. «Bei einer grossen Flotte muss der Leitstand zahlreiche Informationen verarbeiten – eine hohe Anforderung an das gesamte System. Zudem muss eine permanente Verfügbarkeit gewährleistet sein, um einen zuverlässigen Betrieb sicherzustellen», sagt Reicheicher. Die Anforderungen an die IT-Infrastruktur führen zu hohen Initial- und Betriebskosten.
Im Vergleich zur zentralen Steuerung über einen Leitstand haben mobile Transportroboter mit einer agentenbasierten Steuerung deutliche Kostenvorteile. Wie funktioniert die leitstandlose Prozesssteuerung? Die Roboter kommunizieren über intelligente Multiagentensysteme miteinander. Sie teilen sich gegenseitig beispielsweise ihre Position und Geschwindigkeit in Form von regelmässigen Statusmeldungen mit. Dieser Informationsfluss erfolgt entweder zyklisch oder immer dann, wenn sich ein Status ändert, der Auswirkungen auf die anderen Schwarmmitglieder hat. Alle Roboter verfügen über sämtliche Daten wie die Eigenschaften, die Fahrwege sowie Umgebungskarten und die im System definierten Regeln.
Kaum Grenzen
Auf Basis dieser Informationen entscheiden die mobilen Roboter eigenständig, welche Aktionen sie in welcher Reihenfolge ausführen. Benötigen Sie eine Auskunft der anderen Systemteilnehmer, wird eine entsprechende Anfrage an den Schwarm gestellt. «Die Transportroboter sind vergleichbar mit Organismen, die in einer Gesellschaft leben», so der Geschäftsführer von Safelog. «Alle kennen die Regeln und Gesetze, die zu befolgen sind, können aber eigenständig handeln.» Die Schwarmintelligenz ermöglicht eine flexible Routenplanung. Die Reservierung und Freigabe von Streckenabschnitten oder Kreuzungspunkten erfolgt durch die Kommunikation der involvierten Geräte miteinander. Auch die Peripherie ist integriert. So kann beispielsweise ein Aufzug Teil des Schwarms sein. Der Aufzug teilt mit, ob er frei oder belegt ist und in welchem Stockwerk er sich befindet. Der Transportroboter entscheidet dann selbstständig, ob er zum Aufzug fährt oder welchen Aufzug er nutzt, um in ein anderes Stockwerk zu gelangen.
Fotos: Safelog
Sollen Fahrzeuge oder Geräte mit einer geringen Rechenleistung zentral gesteuert werden, bietet sich ein Leitstand an. Das Leitsystem kennt den Ist-Zustand der Geräte, kann aber auch schon berücksichtigen, welche Aktionen die einzelnen Roboter in der Zukunft ausführen sollen. Sind Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller im Einsatz, die gemeinsam Flächen befahren oder sich eine Aufgabe teilen, benötigt man ebenfalls eine Leitsteuerung. Damit lassen sich Konfigurationen vornehmen, die für Interoperabilität auf Basis der VDA 5050-Schnittstelle sorgen. Über die Schnittstelle können die Fahrzeuge unabhängig von Ausführung und Hersteller gemeinsam in einer Flotte betrieben und gesteuert werden.
Der grösste Vorteil beim Einsatz der dezentralen Steuerung ist laut Reicheicher der geringere Kostenaufwand. Er erlaube es, einen effizienten Betrieb von wenigen Robotern bis hin zu mehreren hundert Fahrzeugen zu realisieren. Auch bei geringer Roboteranzahl kann sich die Automatisierung für kleine Unternehmen rentieren, denn es sind keine grossen Investitionen in eine komplexe Hardwarestruktur zu tätigen. Wenn gewünscht, lassen sich dezentrale und zentrale Steuerung sogar miteinander kombinieren. Sind beispielsweise Fahrzeuge im Einsatz, die über einen Leitstand gesteuert werden, kann sich der Schwarm punktuell dem Leitstand unterordnen. So ergänzen sich beide Systeme in speziellen Einsatzfällen perfekt.
- Details
- Geschrieben von: Klaus Koch
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