Menschen mit körperlichen Behinderungen messen sich beim Absolvieren alltagsrelevanter Aufgaben mittels modernster technischer Assistenzsysteme: Im Cybathlon, der Olympiade der Assistenztechnologien der ETH Zürich, traten vom 25. bis 27. Oktober 78 Teams aus Forschung und Industrie gegeneinander an.
Der Cybathlon existiert seit 2016 und findet alle vier Jahre öffentlich im Eishockey-Stadion Swiss Arena statt. Und was in der Logistik aktuell für erhöhte Aufmerksamkeit sorgt, weil schwere Transportlasten mit Assistenzsystemen wie Exoskeletten leichter zu bewältigen sind, ermöglicht für in ihrer physischen Mobilität eingeschränkte Menschen fundamentale technische Unterstützung im Detail und existentielle Hilfestellungen.
Auch ein Team des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) reiste nach Zürich und belegte mit dem aus Dachau stammenden Mattias Atzenhofer und einem Robotersystem namens EDAN in der Kategorie «Assistenzroboter-Rennen» den ersten Platz. Die Kategorie ist eine – wenn auch mit die spektakulärste - von acht verschiedenen Disziplinen des Wettkampfs. Weitere Disziplinen testen beispielsweise neue Arm- und Beinprothesen.
Das robotische System EDAN besteht aus einem elektrischen Rollstuhl und einem DLR-Leichtbau-Roboter-Arm. Dieser wird durch den 30-jährigen Cybathlon-Piloten, der mit Muskeldystrophie lebt, per Joystick gesteuert. Mit Hilfe einer Kamera kann das DLR-System verschiedene Gegenstände erkennen und unterstützt den Piloten bei schwierigen Bewegungsabläufen mittels künstlicher Intelligenz (KI).
So reicht es, wenn Atzenhofer den Roboter-Arm in die ungefähre Richtung eines bekannten Gegenstands steuert. Die KI des Roboters übernimmt dann die präzisen Bewegungsabläufe, sodass einfache Joystick-Kommandos genügen, um die Aufgabe flüssig auszuführen.
Das teilautonome Bedienkonzept ermöglicht eine intuitive Nutzung des Assistenzroboters und intelligente Unterstützung bei der Durchführung von Alltagaufgaben. EDAN soll so Menschen mit schweren körperlichen Behinderungen ermöglichen, scheinbar einfache Aufgaben wie Trinken oder Türen öffnen selbstständig zu erledigen. Dass solche alltäglichen Aufgaben eine grosse Herausforderung für Menschen mit Behinderungen darstellen können, ist die Grundidee des Cybathlon-Wettbewerbs.
Im Assistenz-Roboter-Rennen bewältigte Mattias Atzenhofer einen Parcours mit zehn Stationen: Als Pilot musste er zeigen, dass er mit Hilfe EDANs in einen Apfel beissen, ein Kleidungsstück aufhängen, verschiedene Gewürze greifen, und einen Teller aus einer Spülmaschine räumen kann. Eine besondere Herausforderung stellte dabei das Durchfahren einer Tür da – die sowohl per Drehknauf geöffnet, als auch per Türklinke wieder geschossen werden musste.
Wettkampf-Hürden
«Zum einen ist es schwierig, den Türknauf zu drehen, denn das erfordert Kraft», erklärt Jörn Vogel, Leiter der EDAN Teams vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik. «Hinzu kommt, dass die Aufgabe nicht mit einer Armbewegung alleine ausgeführt werden kann. Der Rollstuhl muss zeitgleich zurückfahren, um Platz zu schaffen damit die Türe überhaupt geöffnet werden kann. Beim Schliessen der Türe ist wiederum die koordinierte Bewegung von Rollstuhl und Arm nötig – vorher muss sich der Pilot samt Rollstuhl allerdings auch noch umdrehen. Für genau solche Aufgaben verfügen wir über eine Ganzkörperregelung, die die Koordination zwischen Rollstuhl und Arm sicherstellt.»
Fotos: DLR / ETH Zürich
«Diese Zusammenarbeit ist auch für uns Entwickler ein echtes Geschenk», ergänzt Jörn Vogel «Der erste Platz im Assistenz-Robotik-Rennen zeigt, (…) dass wir auf dem richtigen Weg sind.» Der Wissenschaftler ist im Begriff eine Ausgründung mit dieser Technologie ins Leben zu rufen.
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