Etwas einsam war es durch die Pandemie in den Werkstätten und Laboren der Entwickler und Ideengeber der Intralogistik-Branche schon geworden, räumt IML-Geschäftsführer Michael ten Hompel anlässlich der Pressekonferenz zum LogiMAT-Auftakt ein. Dafür ging es jetzt in Stuttgart gleich in die Vollen.

1571 Aussteller sind in den zehn Hallen mit von der Partie, und erstmals als Freigelände, unter anderem von Jungheinrich genutzt, auch die Ladehöfe zwischen den Hallen 7 und 9 sowie den Hallen 8 und 10. Den Löwenanteil machen Fördertechnik- und Lagertechnikanbieter mit fast 40 Prozent aus, dicht gefolgt von Software-Anbietern im Bereich Simulation, Systemtechnik und Bestandsmanagement. «Wir haben eine etwas geringere Zahl an Ausstellern, als vor der Pandemie», sagt Messe-Chef Michael Ruchty. «Unter anderem auch deshalb, weil die Gänge etwas weiter ausgelegt und die Stände ein wenig auseinander gerückt wurden». Dazu, dass die Hannover Messe bedauerlicherweise zum fast gleichen Zeitpunkt terminiert und somit Industrie und Logistik wieder ein Stück weit auseinander dividiert wurden, möchte Ruchty am Liebsten «gar nichts» sagen. Die Terminwahl nach zwei Jahren Covid-Geschehen fiel ohnehin schwer genug, und machten die Überschneidung der beiden Branchen-Plattformen nahezu unausweichlich.

Drei «Beste Produkte» wurden gleich am ersten Tag ins Scheinwerferlicht gerückt. Das Paletten-Identifikations-System PACS von Sensorhersteller Sick, die Intralogistik-Management-Plattform SYNA.OS zur Orchestrierung von Materialflüssen und Logistikzentren, sowie ein ActiveShuttle von Bosch Rexroth. Auch hier eine Überschneidung mit ausgezeichneten Lösungen, die beispielsweise beim IFOY-Award ebenso ins Rampenlicht gerückt sind.

Von Bosch Rexroth rückte Vize-Verkaufs-Chef Roland Keller an, um das «ActiveShuttle», ein fahrerloses Transportfahrzeug, das automatisiert und standardisiert den innerbetrieblichen Material- und Warenfluss stemmt. Bodenroller, die mit Kleinladungsträgern (KLT) beladen sind, werden von ActiveShuttle aufgenommen und sicher transportiert. Durch das vollautomatische Auf- und Abladen gehört manuelles Handling der Vergangenheit an. Das integrierte Sicherheitskonzept ermöglicht ein rechtzeitiges Abbremsen und sicheres Vorbeifahren an auftretenden Hindernissen im Fahrweg. Zusätzlich zum Sicherheits-Laserscanner erfassen Stereokameras den Raum in 3D – so werden zum Beispiel auch in den Fahrweg hereinragende Objekte erkannt. Im 24/7-Dauereinsatz transportiert das fahrerlose Transportfahrzeug mit Hilfe der robusten Lasernavigation (SIL2, Pld) und einer Geschwindigkeit von bis zu 1 m/s Waren von bis zu 260 kg sicher ans Ziel.

Von Sick war Vorstands-Chef Mats Gökstorp zur Stelle, um das Identifikationssystem PACS zu erklären. Es erkennt anhand des Brandings auf den Palettenfüssen den Palettentyp und ordnet diesen mittels eines trainierten neuronalen Netzwerks einer Klasse zu. Auf Basis dieser Zuordnung wird eine automatische Bepfandung der Paletten durchgeführt. Es vereinfacht damit einen oft manuell durchgeführten, ressourcenintensiven Prozess und kann als kompaktes System mit geringem Platzbedarf in die Logistikkette integriert werden. Projektspezifisch werden, je nach Bedarf, ein oder mehrere Farbkameras für die Bildaufzeichnung eingesetzt. Auf Basis intuitiver User-Interfaces seien bei der Bedienung des Systems keine Vorkenntnisse im Bereich Programmierung oder maschinelles Lernen erforderlich. Optional kann das System mit zusätzlichen Sensoren in seiner Funktionalität schnell und einfach erweitert werden, etwa um die Barcodelesung oder eine Vermessung der Palette.

Synaos-CEO und Co-Founder Wolfgang Hackenberg nahm den Preis in der Kategorie «Software, Kommunikation, IT» für die konzertante Organisation der gleichnamligen Software entgegen. Das operative System SYNA.OS Logistics synchronisiert Fahrzeuge, Gabelstapler und mobile Roboter auf Basis ihrer Echtzeit-Daten und nutzt die Komplexität als Datenfundgrube. Funktionalitäten wie Order & Process Management, Asset Control, Storage Management, Vehicle & Operator Management und Vehicle Localization optimieren die Prozesse mit KI-basierten Algorithmen im Sekundentakt und steigern dadurch die Effizienz. Aus Milliarden Möglichkeiten findet die Software dank der Rechenpower aus der Cloud immer die beste Lösung. Hackenberg: «Unser System kalkuliert pro Sekunde 250.000 Möglichkeiten auf ihre Verwertbarkeit durch».

Fotos: Koch

Michael ten Hompel warb für die erst kürzlich aus der Taufe gehobene Open Logistics Foundation und deren Ergebnisse, von denen, wie berichtet, mittlerweile bereits einige in der offenen Bibliothek abrufbar sind. Alle Konferenz-Teilnehmer warben um mehr Dynamik in der Szene. Mit grosser Aufmerksamkeit wurde der in Art eines Segway angetriebene «Evobot» des Instituts für Materialfluss und Logistik (IML), der mit erheblichen Beschleunigungs-Werten aufwartet und dabei Waren und Artikel von bis zu 30 kg in rekordverdächtigem Tempo durchs Lager transportiert. Das reicht nicht ganz, um die berüchtigte «Schwiegermutter» vom Fleck zu bewegen, aber doch für beträchtlichen Umsatz. Die LogiMAT dauert bis Donnerstag, 2. Juni.

www.logimat-messe.de