J.Bunchek in Eden

Ein Robotarm soll die Astro-Gärtner bei ihrer Arbeit zwischen den Regalreihen unterstützen, Kameras und ein KI-gesteuertes Gewächshaus-Management die Pflanzen überwachen. Das Besondere: Die Intrafloristik, unter dem Namen «Eden ISS» in der Antarktis getestet, ist für den Mann im Mond (und Frau) gedacht. 

Das Antarktis-Gewächshaus «Eden ISS» des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat über vier Jahre hinweg frisches Gemüse für die wechselnden Überwinterungscrews und Sommergäste der Neumayer-Station III geliefert. Mit einer kleinen Überwinterungsbesatzung und einer langen Isolationszeit sei Neumayer III ein grossartiges Analog-Umfeld zum Weltraum für diese Art von Studien. Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI): «Die Antarktis ist der dunkelste, kälteste und windigste Kontinent unseres Planeten».  Zahlreiche Aussaaten mit Ernten von insgesamt rund einer Tonne frischem Gemüse für die Forschung und die Versorgung der Überwinterungscrews der Neumayer-Station III des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) wurden in den zurückliegenden Jahren eingefahren.

Nun beginnen am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme Instandsetzung, Ausbau und Erneuerung für einen zweiten grossen Testlauf mit Blick auf die baldige Rückkehr der Menschheit zum Mond. Das bisher grösste Testgewächshaus für Gemüseanbau in der Raumfahrt soll zukünftig zum Training angehender Mondastronauten genutzt werden. Das Gewächshaus «Eden ISS» soll sich in den kommenden Monaten im Zuge eines geplanten Umbaus zum «Eden Luna» wandeln. Künftig können Astronautinnen und Astronauten in der geplanten Test- und Trainingseinrichtung den Anbau von Gemüse, Salaten und Kräutern sowie dahinterstehende Techniken und Prozeduren in Köln trainieren, wo die Anlage aufgestellt werden soll.

Seit Anfang 2018 arbeitete 400 m von der deutschen Antarktisstation Neumayer III entfernt die bisher umfangreichste Langzeiterprobung des bisher grössten Testgewächshauses für die anvisierte Nahrungsmittelproduktion auf Mond und Mars. Ein Testgewächshaus, das als geschlossenes System von Wetter, Sonne und Jahreszeiten unabhängige Ernten sowie weniger Wasserverbrauch und den Verzicht auf Pestizide und Insektizide ermöglicht. Dabei konnten die Forschenden vielfältige Erfahrungen sammeln, wie sich die menschlichen Arbeitsabläufe ideal und zeitsparend integrieren lassen, wie vorhandene Ressourcen ideal eingesetzt werden, wie sich die Mikrobiologie bei Anbau und Ernte gestaltet und wie sich Anbau und Speiseangebot von frischem Gemüse auf das Wohlbefinden der Isolierten Crew während der Überwinterung auswirken.

«Zu Betriebsbeginn waren noch rund drei Stunden menschliche Unterstützung pro Tag für Wartung und Pflanzenpflege nötig. Über die Projektlaufzeit konnten verschiedene Einsparpotentiale identifiziert werden, mit denen künftige Astronautinnen und Astronauten 40 Prozent weniger Zeit benötigen, um solch ein Gewächshaus in Gang zu halten. Wertvolle Zeit, die sie dann für andere Aktivitäten zur Verfügung haben», erläutert Daniel Schubert vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme.

Insgesamt gab es bei «Eden ISS» vier Anbaumissionen, wobei eine Saison dazu genutzt wurde, das Gewächshaus zunächst in eine Ruhephase zu versetzen, um es dann aus der Ferne zu starten und zu betreiben. Über den gesamten Zeitraum seien mehr als eine Tonne (1014 kg) Gemüse, Salate und Kräuter frisch geerntet werden. Salate, Kräuter, Gurken und Tomaten wuchsen von der ersten Mission an erfolgreich im Gewächshaus ebenso Radieschen und Kohlrabi. Eine besondere Herausforderung stellte Paprika dar. Nach einigen Modifikationen und einer neuen Sortenwahl gelang in den letzten zwei Gewächshausjahren auch für diese eine zufriedenstellende Ernte.
Zuletzt prägte die NASA-Gastwissenschaftlerin Jess Bunchek die Forschung im Gewächshaus «Eden ISS» mit ihrer Überwinterungsmission, von der Sie im Frühjahr 2022 zurückkehrte. Bei ihrer Mission erreichte Sie Rekorderträge für Tomaten (92 kg) und Gurken (76 kg). Paprika konnte sie immerhin 19 kg ernten.

Ertragsbilanz in Schnee und Eis
Im Laufe ihrer Überwinterungsmission hatte Bunchek auch Erfolg beim Anbau verschiedener Pflanzen und Früchte im Regal, von denen einige auch schon auf der Internationalen Raumstation ISS gezüchtet wurden, darunter Senfsorten und Salate. Eine «Española Improved»-Chili-Paprika sorgte im Rahmen von Buncheks Mission in der Antarktis für Würze und Vitamin C auf dem Speiseplan.

Für den Rücktransport aus der Antarktis war das «Eden ISS“ Gewächshaus zwischenzeitlich in seine zwei Teilcontainer und rund 1000 einzelne Bauteile des Gewächshauskreislaufs und der hydroponischen Pflanzenzucht zerlegt worden. Das Gewächshaus wird nun am DLR-Standort in Bremen generalüberholt, mit neuer Technik ausgestattet und so für das Training zukünftiger Mondastronauten vorbereitet. Mitte der 2020er Jahre soll das Gewächshaus am DLR-Standort Köln in eine dann neu errichtete Luna-Halle integriert werden. «Das Gewächshaus Eden Luna soll mit dem Umbau zukünftig noch digitaler, vernetzter und ressourcensparender werden», erklärt Schubert. Die Test- und Trainingseinrichtung Luna ist ein Gemeinschaftsprojekt des DLR und der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die in Köln das Europäische Astronautenzentrum (EAC) betreibt. Am Gewächshausprojekt sind die DLR-Institute für Raumfahrtsysteme, für Datenwissenschaften, für Robotik und Mechatronik sowie für Luft- und Raumfahrtmedizin beteiligt.

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