J.-Ph. Jarmer

Seit März 2023 erfasst eine ISO 14083 die Treibhausgas-Emissionen von Logistikketten, Standorten, Equipment und Transporten. Der Zukunftskongress Logistik umriss die Bemühungen, die Emissionen international vergleichbar zu machen. Mit dabei: Eine «EcoTransIT World», ein «REff-Tool» und «GILA». 

In einer eigenen Session zu den Forschungs-Höhepunkten in Dortmund ging es um die Anforderungen der neuen ISO-Norm im Vergleich zur bisherigen EN 16258 sowie dem Global Logistics Emission Council GLEC Framework. Die sorgten unter nicht direkt mit Emissionsfragen befassten Branchen-Teilnehmern bislang bereits für ausreichend Panik vor einem neuen bürokratischen Monster.

Foto: Fercam/GILA

Die Königsdisziplin sei natürlich die Variante, die Teibhausgas-Emissionen direkt vor Ort zu messen, sagt Jan-Philipp Jarmer, Umwelt- und Resourcen-Spezialist des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik. Weil aber nicht an jedem Ort das gesamt Instrumentarium zur Verfügung steht, muss es Möglichkeiten geben, eigene Emissionen und diejenigen von Sub-Dienstleistern zu berechnen. Darauf haben sich bereits seit einiger Zeit Anbieter wie «EcoTransIT World» spezialisiert. Ralph Anthes einem der führenden Köpfe der Ingenieurgesellschaft zufolge, tüfteln allein dort zurzeit rund 250 Leute daran, die Emissionsberechnung von Frachttransporten weltweit in einer Software zu ordnen. Bereits 2022 seien in Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Schenker, Fercam, Noerpel oder Hupac über 4,3 Mrd. Transporte durch den Kalkulator gejagt worden, dessen Input-Output-Parameter auf einer Online-Seite beispielhaft demonstriert werden. Bei gründlicher Betrachtung, sagt der Bauingenieur müssten – so, wie in der Schweiz anhand eines life cycle-Assessment - sogar Brücken, deren Konstruktionsweise und weitere Faktoren in die Gesamtberechnung einbezogen werden.

Foto: v.Gelooven/GILA

«Üblicherweise modellieren wir erstmal die gesamte Route nach Überlandwegen, Stadtstrassen oder Bahntransporten», erläutert Anthes. «Das ist schon mal gar nicht so einfach, weil in jedem Land ein anderer Strommix herrscht». Danach werden die jeweiligen Etappen summiert. Ein energiebasierter «Bottom-Up-Ansatz», bei dem die Emissionen auf Basis der jeweils benötigten Energie sowie dem verwendeten Treibstoff bestimmt werden - im Unterschied zum sonst gern gepflegten «Top-Down-Ansatz», bei dem «gCO2e/tkm» (CO2-Äquivalente in Gramm) mit dem Frachtgewicht (in Tonnen) und den zurückgelegten Kilometern multipliziert werden. Besonders günstig, erklärt Anthes, kommen hier die sogenannten «BioFuels» weg, die – was die Emissionen betrifft - mit «null» angesetzt werden, «im Moment allerdings auch fast alle aus China kommen».

Abb.: GILA

Kerstin Dobers vom Fraunhofer IML erläutert ein REff-Tool (Resource Efficiency at Logistics Sites = Ressourcen-Effizienz an Logistik-Standorten), das in Zusammenarbeit mit einem Konsortium entwickelt wurde, das auf den einprägsamen Namen GILA (German, Italian & Latin American consortium for resource efficient logistics hubs & transport) hört, auf dem Netz abrufbar ist. Hier wurde offensichtlich bereits enorme Arbeit geleistet. Es wurden unter anderem in Kooperation mit Fercam, dem Fraunhofer IML und Arcadis 843 Logistik-Standorte in 51 Ländern analysiert, Terminals mit zusammen 2,4 Mrd. t Umschlagsleistung und 15,5 Mio. qm Logistikfläche einbezogen. Dobers tut sich schwer, aus der doch erheblichen Gesamtmenge einen Absolutheits-Anspruch oder Allgemein-Gültigkeit abzuleiten: «Wir können hier keine gesamt CO2-Angabe machen».

K.Dobers im Gespräch. Foto: klk.

Und leider sei auch nur ein einziges Kühllager dabei gewesen. Die Fraunhofer-Expertin: «Obwohl wir – abgeschätzt durch die Nachfüllmengen - wissen, dass immerhin 4 Prozent aller THG-Emissionen durch Kältemittel-Leckagen entstehen». Bedauerlich in diesem Zusammenhang auch der starke THG-Anteil von Tschechien – dort sei zu einem hohen Anteil immer noch die Steinkohle-Produktion im Gange. Das Software-Tool kann jedenfalls kostenlos online genutzt werden. Grund dafür ist, sagt Dobers, «dass wir damit dann auch gleichzeitig um das Einverständnis bitten, die Daten in unsere Statistik einbauen zu dürfen».

CO2-Äquivalente, wie sie auch für die Forschung im Bereich Nachhaltiges Supply Chain Management und Mobilität an der ZHAW genutzt werden, zeigen nach Ansicht der Experten mit etwas höherer Zuverlässigkeit Trends auf. In die Äquivalente sind sowohl CO2, als auch «Treiber» wie Lach- und Methangas sowie Kältemittel einbezogen. Dobers selbst rät allgemein zu kritischem Hinterfragen, was ermittelte Werte betrifft: «Ich persönlich würde in dieser Sache niemals einem Ergebnis trauen, das mit einer Zahl hinter der Kommastelle aufwartet».

Autor: Klaus Koch

http://www.iml.fraunhofer.de