Mit dem automatischen Wareneingang in dem neuen Distributions-Zentrum im vorarlbergischen Hohenems, heisst es, lasse sich ein Truck mit 33 Paletten in zwei Minuten entladen. 70 Mio. Euro wurden in das grösste Logistik-Projekt investiert, das im Westen der benachbarten Alpenrepublik bislang realisiert wurde.

Der Auftraggeber Grass ist ein Unternehmen der Würth-Gruppe und eines der globalen Aushängeschilder in Sachen Möbel-Bewegungs-Systeme. Im Verteilzentrum verfügen Hochregal- und manuelles Lager auf 22 Ebenen über rund 38.800 Palettenstellplätze. Elf Gassen sind so angelegt, dass im Nachhinein auch gleich noch eine Produktion angebaut werden könnte.

Mit mehr als 200 Vertriebspartnern in 60 Ländern benötigt Grass einen soliden Logistikunterbau. Die Zielrichtung der grössten Investition der Firmengeschichte war klar formuliert: Das neue Zentrallager sollte die Reaktionszeiten deutlich verkürzen; die Waren, samt Individualisierung, Verpackung sowie kunden- und auftragsspezifischer Kommissionierung, an einem performanten Standort konzentrieren. Man strebte eine Lösung an, über die die gesamte Logistik aller europäischen Produktionswerke abgewickelt werden sollte.

Mit Unterstützung der Intralogistik-Expertise von Thomas + Partner (TUP) entstand ab 2018 ein modernes Logistikzentrum, das diesem Anspruch gerecht wird. Den Corona-Pandemiebedingungen zum Trotze konnte die Software-Manufaktur ihre Stärke in der Prozessberatung beweisen und führte Grass zu einer effizienten intralogistischen Infrastruktur. Nachdem gemeinsam in Workshops das Pflichtenheft vollendet wurde, massfertigte TUP anhand des für die Manufaktur charakteristischen modularen Prinzips ein Grass-eigenes Warehouse Management System (WMS) mit «Gralis», das auf dem TUP.WMS basiert und den Materialflussrechner TUP.MFC, die Mobilgerätanbindung TUP.SML sowie das Staplerleitsystem TUP.FGS nutzt.

Fotos: TUP

Im Bereich des Wareneingangs agiert Gralis eigenständig: LKW docken an und die Vollautomatik vereinnahmt Paletten, ohne die Beteiligung von Personal. Gegenstück am Ende der Lagerung ist ein sequenzieller Warenausgang. Unter Nutzung zweier separater doppeltiefer Versandpuffer werden Touren vorsequenziert: Die Auslagerung erfolgt innerhalb eines Auftrags «schwer vor leicht», um die Verladung auf den LKW zu optimieren.

Übersichtsdialoge erlauben das Monitoring des Lagerbetriebs. Das Dialogsystem, sagt der Hersteller, kann webbasiert abgerufen werden. Der Anwender brauche keine Java-Umgebung mehr und könne Anwendungen auf jedem browserfähigen Gerät starten.

Die Parametrierung des Systems wurde aus dem Quellcode in ein Regelwerk ausgelagert. Mit dessen Hilfe können anhand von eigens gewählten Kriterien Regelkataloge für Themen wie Zonenkoordination, Konsolidierungsziel oder Sprache des Versandlabels definiert und konfiguriert werden. Ein nach den Clean-Architecture-Prinzipien konstruiertes sowie für Nutzer gut nachvollziehbares System ist das Ergebnis. Jedes in der Anlage transportierte Objekt verwaltet seine eigenen Aufträge: Von der Etikettierung über die Kontrolle bis hin zur Fachsuche. Das Regelwerk samt dieser Auftragsart ist darüber hinaus über eine Schnittstelle an das Palettenfördersystem angebunden, das ein geordnetes Abarbeiten von Aktionen gewährleiste. So können beispielsweise Stücklisten ideal für den Pickvorgang angedient werden.

Entlang der Anforderungen des weltweit tätigen Beschlägeherstellers hat TUP ein neuartiges Praxiskonzept entwickelt. «Der Pick-by-Light-Gedanke wurde erweitert und anstelle herkömmlicher Hardware mit einer Kombination von Übersichtsbildschirmen und Mobilgeräten (MDEs) umgesetzt. Entstanden ist ein Hybrid-Picking-System. Es unterstützt den Anwender auf verschiedenen Ebenen, inklusive ergonomischer Bereitstellung von Paletten», erklärt CIO Eduard Wagner.

In dieser hybriden Arbeitswelt ist jeder Palettenkommissionierplatz mit einem Leitbildschirm und fest zugewiesenen mobilen MDEs ausgestattet. Die Geräte sind pro Platz sowie über den gesamten Arbeitsbereich miteinander gekoppelt und kommunizieren als Einheit mit der Fördertechnik. Die Bildschirme leiten den Nutzer visuell und liefern ihm zugleich eine multimediale Übersicht; in Echtzeit erhält er weiterführende Informationen zum aktuellen Pick und seinem Arbeitsvorrat. Über detaillierte MDE-Dialoge kann er zudem direkt mit dem WMS Gralis interagieren.

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