Wenn irgendwo «die Lichter ausgehen», ist das – vor allem im stationären Einzelhandel - ein schlechtes Zeichen. Beumer bereitet sich allerdings schon heute systematisch auf den «Lights-Out»-Betrieb vor. Im Auftrags-Fulfillment steht er für weitgehend selbständige Robot- und Automatisierungsprozesse.
«Heutzutage wird erwartet, dass praktisch jede Grösse und Menge eines Artikels auf Abruf geliefert werden kann», sagt Gregor Baumeister, Leiter des Bereichs Warehousing & Distribution Logistic Systems der Beumer-Gruppe. Der Trend werde sich weiter verstärken, und die Automatisierung beschleunige den Übergang zu «Dark Warehouses». Neueste Entwicklungen in der KI und der Datenanalyse tragen ebenfalls zu dieser Entwicklung bei. Beumer denkt laut darüber nach, wie die Welt der Lagerhaltung und Distribution in zehn Jahren aussehen soll. Wichtig seien Systeme und Dienstleistungen, die es Lagerbetreibern, Logistikmanagern und Drittlogistikunternehmen («Third Party Logistics Providers»; 3PL) ermöglichen, einen effizienten Omnichannel-Vertrieb durch flexible, automatisierte Anlagen zu realisieren.»
Die Bereitstellung von End-to-End-Lösungen für den automatisierten Materialfluss, zu denen auch leistungsstarke Diagnose-Tools gehören, rangiert bei Beumer unter der Rubrik «Easy to do business with».
Fotos: Beumer
Wie das in einem der sogenannten «Fashion Fulfillment Center 2035» von innen aussehen soll? Die übliche Antwort aus dem Lehrbuch lautet: Körperlich anstrengende Arbeiten werden durch Roboter oder Automatisierungsprozesse ersetzt, damit sich die Menschen auf produktivere bzw. administrative Tätigkeiten konzentrieren können.
Anno 2035 entladen am Wareneingang Roboter auf Beinen oder Rädern Kartons aus neu eingetroffenen Schiffscontainern. Die Roboter setzen die Kartons auf Förderbänder, die eine Hochgeschwindigkeits-Sortieranlage bestücken. Von hier aus werden die Kartons entweder auf PalettierRoboter zur Reservelagerung gebracht oder zur Lagerung und Kommissionierung direkt an das Goods-To-Person(GTP)-System übergeben. Auch komplexe Handhabungsaufgaben, die in GTP-Anwendungen bisher den Menschen vorbehalten waren, können dank KI von autonom arbeitenden Geräten inzwischen sicher und zuverlässig ausgeführt werden: Im Jahr 2035 aufgrund der rasanten Entwicklungen bei der Rechenleistung digitaler Analysen, der Geschwindigkeit cloudbasierter Anwendungen sowie Fortschritten bei Bildverarbeitung, KI und Greifern kein Problem mehr.
Die autonomen Roboter bestücken jetzt das Kernstück der Auftragsabwicklung, ein modular skalierbares BG Pouch System mit bis zu 10.000 Artikel pro Stunde und Modul. Es kann nicht nur flach verpackte Kleidungsstücke aus dem GTP-System, sondern auch Kleidungsstücke auf Kleiderbügeln (Garments-On-Hangers, GoH) aufnehmen. Dadurch lassen sich mehrere Prozessschritte zu einem einzigen und einfachen Ablauf zusammenfassen. Das System ist ausserdem in der Lage, Retouren effizient zu bearbeiten, da es alle Lager- und Kommissioniervorgänge umgeht und so die Zeit bis zum Wiederverkauf minimiert.
An der Packstation werden die Artikel unter Verwendung nachhaltiger und ressourcenoptimierter Materialien automatisch in die Verpackungsanlage entladen. Das System ist mit einer Vielzahl frei programmierbarer Sortieroptionen ausgestattet. Mit ihrer Hilfe ist die Lager- oder Regalauffüllung optimal steuerbar, ebenso können Versandsequenzen einfach abgestimmt werden.
BG Pouch System
Die fertig verpackten Waren werden schließlich über einen Cross-Belt-Sorter für den Versand an die Sortierziele gebracht, wo fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF bzw. AGV, Automated Guided Vehicles) die Versandbehälter für E-Commerce-Bestellungen übernehmen und sie in die Fahrzeuge der beauftragten Kurier-Express-Paket-Dienste verladen. Bei der Belieferung von Einzelhändlern werden die Kartons oder Behälter direkt zu Abholstationen gebracht, an denen autonome Roboter Anhänger oder Container beladen.
Gregor Baumeister: «Wir sind bereits nah an der Umsetzung des Dark Warehouse. Roboter- und Sortiertechnologien sind bereits verfügbar. Fortschritte in Software und Diagnostik ermöglichen es schon heute, den Lagerbetrieb effizienter zu überwachen und zu optimieren. Schon bald wird auch die Arbeit in körperlich anstrengenden Lager- und Distributionsbereichen der Vergangenheit angehören. Vielleicht müssen wir gar nicht bis 2035 warten…»
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- Geschrieben von: Klaus Koch