Häfen müssen eine bestimmte Mindesttiefe haben, damit Schiffe sie nutzen können. Über Schleusen wird ständig Schlick eingespült. Baggerschiffe sorgen dafür, den Grund wieder von den Sedimenten zu befreien. Das kann auch ein autonomes Baggerschiff erledigen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht mit den Partnern Niedersachsen Ports und Mareval daran, den Prozess umweltfreundlicher und zugleich produktiver zu gestalten. Im September 2023 fanden hierzu Feldtests im Hafen von Emden statt. Der abgesetzte Schlick wird dort nicht ausgebaggert, sondern im Rezirkulationsverfahren angesaugt und kurz dem Luftsauerstoff ausgesetzt. Zurück im Wasser bleiben die Sedimente dadurch in der Schwebe und die Schiffe können diese Schwebeteilchen durchfahren. Um zu verhindern, dass sich die Schlickteilchen wieder auf dem Hafengrund absetzen, sei es notwendig, dass ein Baggerschiff kontinuierlich und systematisch alle Hafenbecken abfährt.

In einem Projekt namens AMISIA soll auch ein dazu passendes Betriebskonzept erforscht werden. AMISIA steht für «Advanced Port Maintenance: Intelligent, Sustainable, Innovative and Automated Dredging». Für die Untersuchungen kommt das rein batterie-elektrisch angetriebene DLR-Forschungsboot «Sally» zum Einsatz.

«Das Projekt ist besonders spannend, weil es hochautomatisiertes Fahren auf dem Wasser im Regelbetrieb bisher noch so gut wie gar nicht gibt», sagt Mirjam Bogner vom DLR-Institut für Systems Engineering für zukünftige Mobilität, die im Projekt das Testdesign und die Datenauswertung für die Feldtests verantwortet. «Eine besondere Herausforderung für das Baggerschiff besteht in der sicheren Navigation im Hafenumfeld, das sich beispielsweise durch vor Anker liegende Schiffe ständig verändert. Deshalb erforschen wir ein Sensorkonzept, das die sichere automatisierte Navigation in diesen unwägbaren Bereichen ermöglicht. Hierzu arbeiten wir auch an einer Assistenz zur Kollisionsvermeidung mit der Hafeninfrastruktur.»

Objekterkennung an Bord des Testschiffs

Auf Sally sind Sensoren und Kameras angebracht, die die Umgebung im Blick behalten. Fahrende Schiffe oder der Abstand zur Kaimauer können so erfasst werden. Zudem ist Sally mit allerhand Assistenzsystemen, zum Beispiel Kollisionsvermeidungssensoren, Autopiloten und Systemen zur Objekterkennung ausgestattet. Die Assistenzsysteme sollen die meisten navigatorischen Aufgaben übernehmen. Für den Test wurde Sally mit einer handelsüblichen Fernsteuerung ausgestattet. Hier wollen die Forschenden die Grenzen dieses Systems und eine zukünftige Zulassung in einem Baggerschiff erproben.

Automatisierung in drei Stufen

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler testeten in Emden drei Automatisierungsstufen. In der ersten Stufe steuerten die DLR-Mitarbeitenden das Schiff von Bord aus. In der zweiten steuerte ein Forscher das Boot aus einem zu einer Schiffsbrücke umgebauten Container fern. In der dritten Stufe sollte das Schiff dann so weit automatisiert sein, dass es selbstständig auf auftretende Probleme reagieren kann. Sally ist bereits in der Lage, automatisiert die Spur zu halten und Hindernissen auszuweichen. Aus Sicherheitsgründen werden die Hindernisse lediglich im System simuliert. In jeder Phase war noch eine Person mit an Bord, um im Problemfall jederzeit eingreifen zu können.

Die Daten aus neu installierten Radar-Sensoren und die hieraus generierten Punktewolken sollen in den nächsten Monaten genauer untersucht werden. Die Forschenden versprechen sich davon, unerwartete Hindernisse oder vorausfahrende Schiffe auch unter schwierigen Umgebungsbedingungen detektieren zu können. Die Erkenntnisse der Tests fliessen in das finale Design- und Betriebskonzept ein. Dieses werden die Projektbeteiligten im Herbst 2024 vorstellen.

Darüber hinaus sieht das Konzept von AMISIA einen alternativen Schiffsantrieb vor, um die Unterhaltung des schwimmenden Baggers in Zukunft CO2-ärmer gestalten zu können. Die Auswahl der Antriebsalternativen reiche dabei von Wasserstoff und synthetischem Methan über Methanol bis hin zu Mischlösungen aus Verbrennungsmotor und Batteriestrom – sogenannten Hybridantrieben. Aber auch vollelektrische Antriebe kämen in Betracht.

Support-Crew in Warteposition. Fotos: DLR

Das Volumen von AMISIA beläuft sich auf 3,23 Mio. Euro und wird zu 78 Prozent vom deutschen Bundesverkehrsministerium finanziert.

www.dlr.de