Die erste Lynn C. Fritz-Medaille für aussergewöhnliche Leistungen in der Humanitären Logistik geht im Rahmen der Gala der Internationalen Logistics Hall of Fame an die US-Hilfsorganisation Medical Corps für ihr selbst entwickeltes «Pharmaceutical Information Management System» (PIMS) zur Steuerung der letzten Meile von Medikamentenlieferungen in Katastrophengebiete.
Die Software PIMS macht an 165 Standorten in Katastrophengebieten die letzten Kilometer in der Lieferkette dringend benötigter Medikamente transparent. Von dem IT-Einsatz, der in Katastrophengebieten grosse Zeitersparnisse und tiefe Transparenz in die Supply Chain bringe, profitieren humanitäre Organisationen, Apotheken, Regierungen und vor allem die Patienten. Inzwischen ist das System an 165 Standorten in 16 Ländern mit Erfolg im Einsatz. Seit Oktober 2019 wurden mehr als 1,7 Mio. Rezepte in der Software verarbeitet und rund drei Mio. Artikel an Bedürftige ausgegeben.
International Medical Corps löste mit der Softwareentwicklung ein zentrales Problem aller humanitären Organisationen: die Dokumentation und Steuerung von Beschaffung, Verfolgung und Ausgabe von Arzneimitteln auf Papiervorlagen. Weil existierende Tools zu teuer oder für den Einsatz in der Katastrophenhilfe nicht geeignet waren, entwickelte ein interdisziplinäres Team nach einem Bottom-up-Ansatz seit 2018 das digitale Tool.
Da PIMS eine effiziente Datenerfassung sowie ein zeitnahes, flexibles Reporting ermöglicht, erhöht der Softwareeinsatz die Transparenz der Prozesse für Ärzte, Lieferkettenmanager, Gesundheitsbehörden sowie Geldgeber. Sie verschafft Medizinern mehr Zeit, sich auf ihre Kernkompetenz der Patientenversorgung zu konzentrieren. PIMS unterstützt die Nutzer auch bei der Quantifizierung, Pharmakovigilanz und Verwendungsprüfung von Arzneimitteln. Ein weiterer Pluspunkt: Das Tool kann leicht an jede beliebige Sprache angepasst werden und benötigt weder eine permanente Internetanbindung, noch eine konstante Stromversorgung.
Das Medical-Corps-Team.
Die 16-köpfige Jury entschied sich unter allen Bewerbungen für die Software des International Medical Corps, weil sie vom Sektor für den Sektor und von Praktikern für Praktiker» entwickelt wurde, wie es in der Begründung heisst. «Besonders beeindruckt haben der Bottom-up-Ansatz und die interdisziplinären Teams, die ein kostengünstiges System geschaffen haben, das maximale Transparenz und Effizienz in der pharmazeutischen Lieferkette in Katastrophenregionen herstellt», so Thilo Jörgl, Geschäftsführender Juryvorsitzender der Lynn C. Fritz Medal.
Zum Votum der Juroren trugen Ergebnisse bei, die durch den Softwareeinsatz in Jordanien, dem Südsudan und dem Jemen erzielt wurden: PIMS drückte die Fehlbestände und Überbestände auf weniger als drei Prozent. Die Die Genauigkeit der Bestandserfassung sei schon im ersten Monat der Nutzung auf 99,8 Prozent gestiegen, die Verschreibungszeit von durchschnittlich vier bis fünf Minuten auf 41 Sekunden gesunken. Dadurch habe sich die Wartezeit der Bedürftigen von durchschnittlich 85 Minuten auf 16 Minuten reduziert.
Das dynamische, proaktive Warnsystem führe zu einer 100-prozentigen Eliminierung von Wechselwirkungen und falscher Dosierung. Vertreter des International Medical Corps nehmen die Medaille im Rahmen des Gala-Empfangs der Logistics Hall of Fame am 29. November in Berlin entgegen.
Am 29. November werden ausserdem die Cube Storage-Pioniere Ingvar Hognaland und Jakob Hatteland in die Ruhmeshalle der Logistik aufgenommen. Zudem wird der Logistics Leader of the Year 2023 Award verliehen. Die Trophäe geht an Axel Frey und Harry Seifert. Vertreter des International Medical Corps präsentieren am Vormittag ihr Projekt ausführlich im Bundesministerium für Digitales und Verkehr. An diesem Tag findet dort auch die Premiere der «ConnectChains – The Humanitarian Supply Chain Conference» statt, zu der internationale Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Hilfsorganisationen und den Vereinten Nationen anreisen.
Thilo Jörgl
International Medical Corps
International Medical Corps ist weltweit in rund 30 Ländern tätig und leistet medizinische Hilfe und Ausbildung für Menschen, die von Konflikten, Katastrophen und Krankheiten betroffen sind. Gleichzeitig schafft es die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung in Krisenregionen. Die Programme der Organisation werden sowohl aus öffentlichen als auch aus privaten Quellen finanziert. Geldgeber sind unter anderem die US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID), die Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe (ECHO) sowie eine Reihe von Unternehmen und Stiftungen. Die Organisation hat ihren Sitz in Los Angeles und unterhält Büros in Washington, D.C., USA, London, Grossbritannien, und Split, Kroatien.
Die Organisation beschäftigt mehr als 8000 Mitarbeitende und hat seit ihrer Gründung im Jahr 1984 in rund 80 Ländern Hilfe im Wert von mehr als 4,2 Milliarden US-Dollar geleistet.
- Details
- Geschrieben von: Klaus Koch