Foto: CES

Die CES, die heute in Las Vegas begann, ist eigentlich eine Messe für Unterhaltungs-Elektronik. Immerhin mit 3200 Ausstellern eine der einflussreichsten überhaupt. Zur Eröffnung versprach jetzt Siemens-CEO Roland Busch, künftige digitale Welten besser mit realen Produktions-Bedingungen in Einklang zu bringen.

Auf dem Reissbrett erdachte Abläufe, Zielvorgaben und zeitliche Verknüpfungen in Bewegung zu bringen, ist eigentlich auch eine klassische Schnittstellen-Funktion logistischer  und intralogistischer Materialfluss-Anforderungen und Aufgabenstellungen, die auf «Enabler» angewiesen sind.   Nun schreiten seit einiger Zeit Digitale Zwillinge, unter anderem mithilfe Künstlicher Intelligenz rasch voran, indem sie Planungsprozesse und Produktionsschritte auf Geeignetheit überprüfen, bevor sie sich in realem Modus womöglich als untauglich erweisen. Aus anspruchsvollen Projekten sind Simulationen, die zum Beispiel bei Tests des Langzeitverhaltens von ICE-Achsen und -Rädern aufgrund mangelnder – oder zu risikobehafteter - Realtests trotzdem mit rasanten Fortschritten der technologischen Entwicklung Schritt halten müssen, kaum mehr wegzudenken. Was aber können diese technologischen Avatare wirklich leisten?

Beinah messianisch: CEO R.Busch. Foto: Siemens

Siemens sieht sich hier aufgrund jahrzehntelanger Produktions- und Prozesserfahrung im Mobilitäts-, Infrastruktur- und Automatisierungs-Umfeld prädestiniert dafür, an der Schnittstelle zwischen digitaler Zukunft und virtuellen Unwägbarkeiten Machbares von blossen Phantasien zu unterscheiden. Blossen Internet-Giganten, wie sie aus dem Silicon Valley stammen, so die Kraftwerks-, Lokomotiven und Mobilitäts-Systemhersteller aus Erlangen und München, seien dazu mangels eingehender Erfahrung nicht imstande. Oder zumindest gegenüber dem Tradiotions-Unternehmen im Nachteil. Völlig real wird es auch künftig nicht zu 100 Prozent – aber näher an der realen physischen Welt immerhin «immersiv» sein.

Foto: Siemens

CAD und 3D-Design lernt heute im Grundkurs für ingenieurwissenschaftliches Produktions-Design fast schon jeder. Als nächster Schritt in der Evolution technischen Designs und künftiger Modelle soll indessen der «immersive Entwurf» sein, demzufolge – bislang vor allem für die Industrie der Computerspiele von Bedeutung - das Bewusstsein des Nutzers, illusionsgesteuerten Stimuli ausgesetzt zu sein, so weit in den Hintergrund tritt, dass die virtuelle Umgebung als real empfunden wird.

An der CES in Las Vegas stellen Siemens und Sony gemeinsam neue Lösungen für ein solches «immersives Engineering» vor: ein Head Mounted Display, das die schon seit einiger Zeit bekannte und von Ingenieuren bereits gern genutzte Monitorbrille mit einer schneller getakteten «Xcelerator»-Software kombiniert.

Siemens hat zur Eröffnung der weltweit führenden Technologiemesse CES 2024 Innovationen vorgestellt, die reale und digitale Welt miteinander verbinden und an der Schnittstelle in einem industriellen Metaverse neu definieren sollen. Der «Xcelerator» soll die Sache als offene Geschäftsplattform beschleunigen.

Roland Busch: «Das ermöglicht unseren Kunden Innovationen zu beschleunigen, nachhaltiger zu werden und neue Technologien schneller und skalierbar einzusetzen. Das wird ganze Branchen und unseren Alltag tiefgreifend verändern.»

Siemens und Sony wollen das Xcelerator-Portfolio für Industriesoftware mit dem neuen System von Sony zur Erstellung räumlicher Inhalte paaren. Das XR-Head-Mounted-Display verfügt über hochwertige 4K-OLED-Mikrodisplays und Controller für die intuitive Interaktion mit 3D-Objekten. Die neue Lösung ermöglicht es Designern und Ingenieuren, Designkonzepte in einem im Grunde nahezu grenzenlosen, immersiven Arbeitsbereich zu erstellen und zu erforschen. Der NX Immersive Designer von Siemens, eine integrierte Lösung, die die NX-Software von Siemens mit der von Sony kombiniert, werde voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024 verfügbar sein.

«Im Bereich der Erstellung räumlicher Inhalte haben wir durch den Einsatz unserer proprietären Bewegungs- und Display-Technologien innovative Arbeitsweisen möglich gemacht», sagt Sony`s Chefentwickler Yoshinori Matsumoto. «Durch die Kombination unserer Technologien mit dem Fachwissen von Siemens im Bereich Engineering freuen wir uns, ein immersives Engineering zu ermöglichen, das den täglichen Arbeitsablauf von Designern und Ingenieuren neu definiert.»

Terminator A.Schwarzenegger: Immer für ein Statement gut. Foto: CES

Darüber hinaus wollen es Siemens und Amazon in einer Kooperation Unternehmen jeder Grösse und Branche erleichtern, ihre Software-Anwendungen mit Hilfe von generativer Künstlicher Intelligenz (KI) zu erstellen und zu skalieren. Siemens integriert dazu Amazon Bedrock in Mendix – eine Low-Code-Plattform, um leistungsstarke KI-Basismodelle über eine einzige Schnittstelle mit den notwendigen Sicherheits- und Datenschutz-Anwendungen sowie integrierter verantwortungsvoller KI (responsible AI) in vorhandene Systeme einbauen zu können. Funktionen wie Echtzeitwarnungen, 24/7-Überwachung und Energiezieleinstellungen, die Aufladung von Elektrofahrzeugen und Solaranlagen werden damit immer alltäglicher, hochpräzise Überwachungs- und Managementlösungen dazu beitragen, Energieverbräuche und Stromrechnungen zu senken, und zugleich Verfügbarkeiten, Sicherheit und Kapazitätsanforderungen erhöhen.

Besucher-Ansturm zur Eröffnung

Eine «Siemens Experience» zeigt unter anderem einen lebensverändernden Beitrag bei der Entwicklung erschwinglicher, anpassbarer und skalierbarer Prothesen und arbeitet gemeinsam mit Kunden an der Entwicklung sauberer und sicherer Verkehrsmittel.

Ein anderes System, auf «Blendhub»getauft, setzt Siemens-Technologie ein, um die Ernährungsunsicherheit zu bekämpfen und die Lebensmittelproduktion zu verändern. Durch den Aufbau und die Vernetzung eines multilokalen Netzwerks von Fabriken für Lebensmittel und personalisierte Ernährung, die näher an die Versorgung mit Zutaten und an die Endverbraucher heranrücken, soll es in einem veränderten Ansatz die gemeinsame Wertschöpfung im globalen Lebensmittelsystem auf neue Füsse stellen.

Realer Messebau. Abb.: CES

Mit dem Start des Siemens Xcelerator Developer Portals macht Siemens einen grossen Schritt nach vorn. Das Portal stellt eine Plattform bereit, die alle APIs und Entwicklerressourcen von Siemens zusammenfasst. Es basiere ausdrücklich, so heisst es, «auf Prinzipien der Offenheit und Zusammenarbeit». Das hört sich fast so gut an, wie die Grundprinzipien der von Dachser, DB Schenker, duisport und Rhenus gemeinsam mit dem Fraunhofer IML 2021 ins Leben gerufenen «Open Logistics Foundation».

CES-Livestream

F.Martens/K.Koch

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