Bolide am «Green»
Die Zahl mobiler Robothelfer, die auch komplizierte Aufgaben übernehmen, nimmt zu. So pflegt ein Geräteträger namens «RoviMo» Flächen bis zu einer Grösse von drei Fussball-Feldern mit einer einzigen Akkuladung und perfektem Schnitt. Fahrerlos, CO2-frei und leise. Weitere Varianten nicht ausgeschlossen.
Garant für das zügige Vorankommen sind die Ronovatec aus Küssnacht am Immensee als System-Integrator und der Antriebsspezialist Relex aus Wilen. Ein Planetengetriebe-Servomotor als Gesamtsystem eröffnet dem Start-up die Perspektive einer schnellen Umsetzung auf dem Markt.
Die Firmengründung der Ronovatec AG im Jahr 2017 basierte auf der simplen, aber zugleich komplexen Idee, einen sauberen und autonomen Schnitt mit höchster Effizienz auf Fussballplätzen zu ermöglichen. Bisher erledigen das die klassischen Aufsitz-Rasenmäher, was mit hohem Personaleinsatz verbunden ist – denn in der Regel gibt es jährlich zwischen 50 bis 90 Mäheinsätze pro Fussballfeld. Ende 2018 wurde ein erster 1-Spindler-Prototyp als Innosuisse-Projekt realisiert, und mit diesem Prototypen konnten 2019 alle grundlegenden technischen Fragen geklärt werden. Dabei leistete die Hochschule Luzern (HSLU) tatkräftige Unterstützung bei der Entwicklung.
A.Graf, Z. Gligorov
Denn als Vorreiter war Ronovatec auch auf eine bestmögliche Safety im Betrieb bedacht, so wie auf eine hohen Präzision, um die Muster gemäss Reglement von FIFA/UEFA exakt in den Rasen zu mähen. Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG betreffend Safety waren Knackpunkte, für die eine optimale Lösung gefunden werden musste. Da es sich um einen autarken Roboter für die Interaktion mit Menschen handelt, muss im Umgang mit unterschiedlichsten Hindernissen wie Personen, Bäumen oder Wänden alles bestmöglich sicher sein und der Not-Stopp in Millisekunden funktionieren. Das brachte Zvonko Gligorov, CTO/Technischer Leiter der Ronovatec AG, und sein Entwicklerteam ganz schön ins Schwitzen. Denn die Vorgaben ist, spätestens bis Q1/2023 die TÜV-Süd Safety-Zertifizierung gemäss Maschinenrichtlinie 2006/42/EG zu bestehen.
Lange Wunschliste
Als Gligorov Ende 2019 zum Unternehmen stiess, stand die Evaluation eines neuen Antriebes an. Zusammen mit seinem Vorgesetzten CEO Marcus Riva fiel die Wahl auf die Spezialisten aus Wilen, um ein komplett integriertes und dazu leistungsstarkes Antriebssystem für das 48-VDC-Akku-Bordnetz zu entwerfen. Es sollte intern per Funk über CAN-Bus gesteuert und mit wenigen Knöpfen aktiviert werden können. Die Wunschliste bzw. das Pflichtenheft für den benötigten Radnabenmotor-Antrieb war dementsprechend lang und das Platzangebot für den Einbau sehr beschränkt.
Zugkräftig: Der 375-Nm-Antrieb
Andreas Graf, bei der Relex AG für den Verkauf zuständig, präsentierte nach ersten Sondierungstreffen den Lösungsvorschlag vor Ort, der vom Relex Verkaufs- und Engineering-Team zügig entwickelt wurde. Dieser umfasst pro Spindelmäher-Roboterfahrzeug zwei Komplettantriebseinheiten mit je einem kompakten 5.4 kW starken Servo-Planetengetriebemotor mit integriertem Regler, der ein Spitzen-Drehmoment von 375 Nm ausweist. Durch die Verteilung auf zwei Achsen (2 x 375 Nm) und mehrere Planetenräder wird dies auf kleinstem Bauraum erreicht. Die kompakte und lineare Bauweise (ohne Achsversatz, da Antriebs- und Abtriebswelle in einer Flucht liegen), hilft dem System Gewicht zu sparen und die Laufzeit einer Akkuladung zu verlängern. Die verantwortlichen Entwickler von Ronovatec AG am Zugersee waren begeistert.
Kompetente Partner
Anfang 2020 fiel daher der Startschuss. Das Projektteam von Relex konnte mit seinem Partnernetzwerk bereits in den ersten Angebotsschritten viele Wünsche umsetzen und konkretisieren. Andreas Graf: «Dank unseren langjährigen Partnerschaften auf der ganzen Welt, einer hohen Liefer-/Ersatzteilverfügbarkeit sowie eigener Engineering-/CNC-Abteilung konnten wir dieses batteriebetriebene 48-VDC-System mit dem integrierten Servomotor von Partnerlieferant Sonceboz realisieren – und dies bei relativ geringer Stückzahl in der Startphase.» Hinzu kommen die eigene Baugruppenmontage, Prüfstand, Logistikzentrale sowie eine eigene Lackiererei in Jona. Das kompakte Drive-System mit integrierter Leistungselektronik für Ströme von bis zu 150 Ampere pro Antriebsstrang wird bereits erfolgreich in der Automotive-Industrie eingesetzt. Es bietet unter anderem mit seiner dynamischen Not-Stopp-Bremse auch umfassende Qualitätsmerkmale wie höchste Schutzklasse IP 69k gegen Hochdruck- oder Dampfstrahlreinigung und eine wartungsarme Getriebeeinheit für hohe Langlebigkeit unter Extrembedingungen. Andreas Graf erklärt zur kompakten Antriebseinheit: «Wir konnten den Freilauf in der Abtriebsstufe mit Untersetzung 25 integrieren.» Die komplette Antriebswelle konnte sozusagen in einem Guss realisiert werden.
Wartungsarmes Leistungspaket
Nach dem Prototyp und ersten Risikoanalysen begann die Ronovatec AG 2021 mit der Vorserie, Testläufen und Live-Demos vor Pressevertretern auf Fussballfeldern in ganz Europa sowie den letzten Fein-Parametrierungen. Zvonko Gligorov berichtet: «Bereits am 13. Juli 2022 – dem Tag vor diesem Interviewtermin – wurde nun das erste Fahrzeug in der Serie verpackt und auf die Reise nach Frankreich geschickt.» Als Nächstes stehen bei der Ronovatec AG Golfparkanlagen im Fokus, bei denen der «RoviMo» mit bis zu drei Spindeln mähen wird.
Für alle Fälle bietet Relex hohe Verfügbarkeiten auch in Zeiten von Lieferengpässen. Damit wird auch die Liefersicherheit und Stillstands Zeiten seiner Endkunden selbst bei nicht zu erwartenden Ausfällen sichergestellt und der ROI (Return on Investment) gesichert. Zvonko Gligorov ist zufrieden: «Wir sind nun das erste Unternehmen, das nach FIFA/UEFA-Richtlinien einen Platz autonom mähen kann – per Knopfdruck auf lediglich drei Tasten. Dazu mit höchster Energieeffizienz, Qualität und allen Zertifizierungen. Ohne das Know-how der Relex AG und die erstklassigen Bauelemente für dieses modulare System, das wir kundengerecht sogar mit doppeltem Drehmoment anpassen können, wäre uns das nicht so leicht gelungen – das ist Gold wert.»
Markus Frutig, INOVERIS
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- Geschrieben von: Klaus Koch