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Die Hafeninfrastruktur für Deutschlands ersten «Liquid Natural Gas»-Anleger steht. Unter grosser Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wurde der Staffelstab für die Anbindung an das Gasnetz an Uniper übergeben. Mitte Dezember soll die erste Floating Storage and Regasification Unit (kurz FSRU) dort anlegen.
FSRU sind Spezialschiffe, auf denen Flüssigerdgas in gasförmiges Gas umgewandelt, um dann ins Netz eingespeist zu werden. Die Bundesregierung hatte bereits im Frühjahr vier schwimmende Flüssigerdgasterminals ebenfalls mit einer Kapazität von je mindestens 5 Mrd. m³ pro Jahr gechartert. Zwei der vier staatlichen FSRU sollen bereits zum Jahreswechsel 2022/2023 in Brunsbüttel und Wilhelmshaven an den Start gehen.
R.Habeck: Freude herrscht.
Innerhalb von 194 Tagen entstand die Anlage am Voslapper Groden in Wilhelmshaven. An der bestehenden Umschlagsanlage wurden eine Anlegeplattform sowie Fender- und Festmacherdalben für den Liegeplatz gebaut. «Niedersachsen hat binnen kürzester Zeit geliefert, und das in der viel beschworenen neuen Deutschlandgeschwindigkeit», so Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung. Möglich sei dies vor allem durch die präzise Abstimmung und die hochprofessionelle Zusammenarbeit aller Projektpartner gewesen.
«Gleichzeitig wollen wir mit dem Energiewende-Turbo und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und Speicher schnellstmöglich die Importe von fossilen Energien weiter verringern. Ziel ist es schnellstmöglich auf klimaneutrale grüne Gase umzustellen und Wilhelmshaven zur Drehscheibe für Grünen Wasserstoff und den Import Erneuerbarer Energien aus der Nordsee zu machen», ergänzt Umwelt- und Energieminister Christian Meyer.
Foto: NPorts/A.Burmann
Im Sinne einer Staffelstabübergabe überreichte Niedersachsen Ports die Hafen-Infrastruktur an die Firma Uniper. Die hat bereits parallel damit begonnen, auf dem Hafenanleger eine Verbindung zwischen der FSRU und den Anlagen an Land herzustellen (Suprastruktur). «Unser gemeinsames Ziel ist in Sicht. In nur einem Monat werden wir hier das erste LNG-Terminalschiff begrüssen können», ergänzt Holger Banik, Geschäftsführer der Niedersachsen Ports.
Die weitere Anbindung an das 28 Kilometer entfernte Erdgasleitungsnetz und damit auch an den Erdgasspeicher Etzel ist derzeit unter Regie einer «Open Grid Europe GmbH (OGE)» in Arbeit.
Wilhelmshaven hatte sich als der ideale Standort für ein Flüssiggas-Terminal erwiesen, da ein entsprechender Anleger mit der UVG-Brücke von Vynova bereits vorhanden war.
Für das Fundament wurden 194 Pfähle in den Boden gerammt, die der Struktur die nötige Stabilität verleihen. Neun Beton-Halbfertigteile wurden vorgefertigt und per Ponton zur Baustelle transportiert. Die einzelnen Teile wiegen zwischen 160 und 380 t. Die Plattform und die Zugangsstege des Anlegers wurden daraus gefertigt. Auf einer Länge von 350 m wurde Stahl für 18 Laufstege an den Zugangsstegen verbaut. Zur Befestigung des FSRUs wurden abschliessend Slip-Haken auf den Vertäudalben befestigt, die auf ein Gewicht von 150 t ausgelegt sind. In Summe seien über 7000 t Stahl und mehr als 3000 Kubikmeter Beton verbaut worden.
Abb.: Ports of Niedersachsen
Das deutsche Bundeswirtschafts- und Klimaschutz-Ministerium hat zu den bislang vier staatlich gemieteten Spezialschiffen inzwischen auch ein fünftes schwimmendes Flüssigerdgasterminal gechartert, das bis zum Winter 2023/2024 zur Verfügung stehen soll. Auch diese fünfte FSRU kommt nach Wilhelmshaven, wo eines der vier ersten Spezialschiffe anlanden wird. Das fünfte Spezialschiff hat eine Kapazität von mindestens 5 Mrd. m³ pro Jahr und soll im vierten Quartal 2023 in Betrieb gehen. Excelerate, der Eigentümer des Schiffes, wird das FSRU dem Konsortium aus den Unternehmen TES/E.ON/Engie bereitstellen und es technisch betreiben sowie weitere erforderliche Dienstleistungen erbringen.
Parallel wird TES eine Anlandung von grünem Wasserstoff am Terminal in Wilhelmshaven aufbauen. TES strebt an, den Import grünen Wasserstoffs bereits während der ersten 12 Monate des Betriebs des FSRU nahtlos zu integrieren. Ziel sei es, das FSRU mit der Anlandung von LNG nur so lange am Standort Wilhelmshaven zu betreiben bis das Wasserstoff-Terminal für grünes Gas in Betrieb genommen wird; das wird nach Informationen von TES voraussichtlich im Jahr 2025 der Fall sein.
«Alle Schritte, die uns so schnell wie möglich aus der Klammer russischer Importe befreien, sind in diesen Zeiten notwendiger denn je», so Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck. «Gleichzeitig bauen wir parallel die Anlandung von grünem Wasserstoff auf (...). Das FSRU wird für fünf Jahre gechartert, aber nur so lange am Standort Wilhelmshaven betrieben, bis das Wasserstoff-Terminal für grünes Gas in Betrieb geht.»
Foto: Uniper
Am 16. August 2022 wurde zudem eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding, MoU) zwischen BMWK, Uniper, RWE und EnBW/VNG über die zeitlich befristete Belieferung dieser FSRU unterzeichnet. Danach wollen die genannten Unternehmen, ihre Lieferfenster vom Jahreswechsel 2022/23 bis 31. März 2024 vollständig auslasten.
Das dritte und das vierte FSRU sollen in Stade bzw. Lubmin stehen und ab Ende 2023 zum Einsatz kommen. In Stade wird die FRSU von der Hanseatic Energy Hub GmbH betrieben werden, in Lubmin von RWE und Stena-Power. In Brunsbüttel und Stade sei geplant, die FSRU nur so lange zu betreiben, bis die an diesen Standorten geplanten landseitigen Terminals in Betrieb gehen. Aktuell ist geplant, dass dies im Jahr 2026 der Fall sein wird.
Damit stehen über die schwimmenden Flüssiggasterminals zum Winter 2023/2024 nach offiziellen Angaben mindestens 25 Mrd. m³/Jahr an Kapazität aus staatlichen FSRUs bereit. Hinzu dürften mindestens 4,5 Mrd. m³/Jahr aus dem privaten Projekt in Lubmin kommen. Zusammen könne damit allein aus den FSRU der bisherige Gas-Bedarf zu etwa einem Drittel gedeckt werden (Basisjahr 2021 – 90,5 Milliarden m³).
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- Geschrieben von: Klaus Koch