Waren schweizerischer Herkunft können nach wie vor abhängig von der jeweiligen Zolltarifnummer zollbegünstigt oder zollfrei nach «UK» exportiert werden. Aber im Vergleich zu EU-Firmen haben Schweizer Unternehmen strengere Ursprungskriterien zu erfüllen.

So sei beispielsweise im Maschinensektor eine Wertschöpfung von 60 bis teilweise 75 Prozent notwendig, um die Vorgaben der Ursprungskriterien zu erfüllen, sagt Mario Caccivio, EU-Zollbeauftragter bei Dachser (Schweiz). Erschwerend komme hinzu, dass in der Schweiz verwendete Vormaterialien aus der EU neu als drittländische Ware in der Präferenzkalkulation zu berücksichtigen seien. Hört sich schwierig an. Ist es auch.

Lieferverzögerungen im Verkehr zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sorgten in den zurückliegenden Wochen für Schlagzeilen. Zum Teil wurden sie durch fehlende oder nicht korrekt ausgefüllte warenbegleitende Dokumente und eine dadurch bedingte langsamere Zollveranlagung verursacht.

Mario Caccivio

Probleme, sagt Fachmann Caccivio, ergäben sich unter anderem dadurch, dass das bilaterale Handels- und Kooperationsabkommen «TCA» zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht in allen Aspekten deckungsgleich sei mit dem am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Dies betreffe vor allem die Ursprungsregeln.

Das Handelsabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sehe die Möglichkeit der Kumulation von Ursprungswaren anderer Vertragsparteien des PEM-Übereinkommens (Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung) vor. Voraussetzung sei, dass die Vertragspartei mit der Schweiz und dem Vereinigten Königreich ein Freihandelsabkommen unterhält und dieses identische Ursprungsregeln enthält.

Da die im Abkommen EU-Vereinigtes Königreich vereinbarten Ursprungsregeln nicht mit denen des Handelsabkommens Schweiz-Vereinigtes Königreich identisch sind, ist eine Kumulation von EU-Ursprungswaren im Verkehr zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht mehr möglich. Daher unterliegt eine Ware mit EU-Ursprung beim Export ab der Schweiz in das Vereinigte Königreich (Durchhandel) der Zollabgabe. Sofern die EU-Ursprungsware direkt von der EU in das Vereinigte Königreich befördert wird, ist die Einfuhr zollfrei.

Waren mit präferentiellem Ursprung Schweiz können abhängig von der jeweiligen Zolltarifnummer zollbegünstigt bzw. zollfrei in das Vereinigte Königreich importiert werden. Aber im Vergleich zu EU-Firmen, die in das Vereinigte Königreich exportieren, haben die schweizerischen Unternehmen strengere Ursprungskriterien zu erfüllen. Gemäss dem Vertrag Vereinigtes Königreich-Schweiz sind die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens massgebend (wie im Freihandelsabkommen Schweiz-EU).

Fotos: Dachser / Dachser UK

Allen Sendungen in das Vereinigten Königreich müssen seit Anfang des Jahres 2021 unter anderem Handels- oder Pro-Forma-Rechnungen beiliegen, auf denen die EORI-Nummern des Importeurs sowie der Wert und die Zolltarifnummer vermerkt sind. Bei tierischen und pflanzlichen Produkten dürfen die phytosanitären Zertifikate nicht fehlen. Neu braucht es auch eine Bestätigung für Holzverpackungen, dass diese dem ISPM-15-Standard entsprechen.

Im dritten Quartal dieses Jahres soll ein revidiertes PEM-Übereinkommen mit liberaleren Ursprungkriterien in Kraft treten. Dieses werde, meint Caviccio, aber wahrscheinlich nicht auf Exporte in das Vereinigte Königreich angewendet werden können, da das Vereinigte Königreich, im Gegensatz zur EU und der Schweiz, das revidierte PEM-Übereinkommen nicht ratifizieren wolle. Aus Sicht der Logistikbranche wäre es daher wünschenswert, dass die Schweiz die entsprechenden Passagen des Handelsabkommens mit dem Vereinigten Königreich nachverhandle, um eine Deckungsgleichheit bei den Ursprungskriterien bei den bilateralen Handelsabkommen mit der EU und mit dem Vereinigten Königreich zu erreichen.

Fazit laut Caciccio: Angesichts der neuen Anforderung sollten Schweizer Exporteure vor dem Versand ihre Präferenzkalkulationen respektive Ursprungsnachweise detailliert prüfen, einschliesslich der Aktualisierung der Lieferanteninformationen. International tätige Speditionen in der Schweiz wie die Dachser Spedition AG bieten ihren Kunden hierzu umfassende Unterstützung an. Ziel ist es, Sendungen reibungslos, rechtskonform, pünktlich und gegebenenfalls mit einem formell gültigen Ursprungsnachweis über die Zollgrenzen in das Vereinigte Königreich zu bringen.

 

www.dachser.com

 

Quelle: Mario Caccivio, Zollbeauftragter European Logistics, Dachser (Schweiz)