Foto: GTS / BVL

Ein «Whitepaper» des deutschen Bundesverbandes Logistik (BVL) und der Messe «transport logistic» stellte infrage, ob CO2-Einsparungen in der Logistik - bei zunehmenden Volumen - nicht ein «Ding der Unmöglichkeit» seien. Beispiele scheinen eher das Gegenteil zu beweisen. Vom Nudeltransport über Waldpflanzungen bis hin zum Knäckebrot.

 Tatsächlich ist die Zahl der Projekte beträchtlich, die in zurückliegenden Jahren gestartet wurden, um dem Stigma der alles verschmutzenden, Emissionen ohne Ende ausstossenden und kaum belehrbaren Branche entgegen zu wirken. Nicht nur, dass Logistikunternehmen, die hektarweise wertvolle Flächen betonieren, inzwischen in Grössenordnungen Solaranlagen installiert haben, die nach Quadratkilometern zählen. Auch die Digitalisierung soll dabei helfen, Lieferketten und ihre Betreiber so miteinander zu vernetzen, dass kollaborative Systeme ihre Daten austauschen, um Kapazitäten und Ressourcen zu teilen, Wegstrecken einzusparen und Lieferanten nach Kriterien der Nachhaltigkeit auszuwählen.

Ein Chemnitzer StartUp namens «LiGenium» ist im wahrsten Sinne des Wortes auf dem «Holzweg», macht dort mit Transportrollenbahnen, Lastenaufzügen und Werkstückträgern eine gute Figur. Auf «demselben» sah sich Kühne + Nagel International auch schon im vergangenen Jahr mit dem Gedanken in den nächsten Jahren bis zu 100 Mio. Euro in Waldkäufe und Wiederaufforstungsprogramme zu investieren, um den eigenen CO2-Ausstoss – wenn ihn schon nicht ganz verhindern – doch zumindest kompensieren zu können. 15 Mio. Euro fliessen bereits in ein Projekt in den Wäldern Neuseelands.

Foto: LiGenium

Seit Ende 2019 ist der Logistikkonzern Mitglied der Allianz für Entwicklung und Klima, eines gemeinsam mit der Privatwirtschaft initiierten Bündnisses für den Klimaschutz. Ziel der Allianz ist es, nicht nur die freiwillige Kompensation von CO2 zu fördern, sondern vor allem die UN-Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen umzusetzen. Inzwischen sind zwar über 500 Unternehmen, darunter auch Konzerne wie SAP, Bosch oder Mittelständler wie Seifert Logistics, sowie Behörden und Organisationen Teil der Allianz – Logistiker machten sich bis dahin nach Feststellung des BVL jedoch immer noch vergleichsweise rar.
Bei KN können Kunden mithilfe einer firmeneigenen Plattform namens «Sea Explorer» inzwischen sogar «online» Umweltdaten der beauftragten Schiffe ablesen. Beispielsweise, ob sie mit Abgasreinigungsanlagen ausgerüstet seien, sagt Otto Schacht, Mitglied der Geschäftsleitung, verantwortlich für den Bereich Seefracht, in dem BVL-Whitepaper. Zu jedem Containerfrachter lasse sich der CO2-Ausstoss für den transportierten Standardcontainer per Balkendiagramm darstellen – mit erstaunlichen Ergebnissen, so Schacht. «Auf ein und derselben Strecke stossen manche Schiffe bis zu 300 Prozent mehr CO2 aus, als andere».

Teigwaren-Hersteller Barilla, nach eigenen Angaben Marktführer in Pasta, Saucen sowie mit Wasa in der Sparte «Knäckebrot», ist mit der Produktion von Letzterem schon seit zwei Jahren CO2-neutral. In 28 Produktionsstätten, die Hälfte davon in Italien, werden gesamthaft fast zwei Millionen Tonnen Nahrungsmittel pro Jahr produziert. Der Nachhaltigkeitsansatz umfasst die komplette Supply Chain. Über 9000 Vertragsbauern haben sich dem Programm angeschlossen und liefern, meist in unmittelbarer Nähe zu den Barilla-Werken, die Rohstoffe für die in Italien für den Verkauf hergestellte Ware. Sie wird zunächst am grössten Produktions- und Lagerstandort am Hauptsitz in Parma konsolidiert. Von dort aus belieferte Barilla bislang ausschliesslich auf der Strasse das lokale Lager Langenau bei Ulm, wo ein Logistikdienstleister die Kommissionierung und den Transport zu den Kunden übernahm.

Foto: KN International

Seit März 2020 wird die Relation aus Italien – für deutsche Verhältnisse eher ungewöhnlich - im Rahmen eines neuen Logistikkonzepts intermodal, also zum grössten Teil auf der Schiene, betrieben. Warum das Unternehmen nicht eher auf eine solche Lösung umgestiegen war? Es existierte weder in Parma noch in Langenau ein Gleisanschluss bis ins Lager. Zudem trennten beide Standorte über die kürzeste Strassenverbindung nur 560 Kilometer.

«Damit war klar, dass wir unsere eigene Verbindung schaffen mussten,» so Bastian Diegel. bei Barilla in Deutschland Customer Service & Demand-Manager. Mit dem Schienenverkehrsdienstleister GTS fand Barilla einen mittelständischen, ebenfalls familiengeführten Partner für das Bahnprojekt. Gemeinsam entwickelte man ein massgeschneidertes Konzept. Seit Anfang März fahren mittlerweile drei Züge pro Woche zwischen dem Terminal Fontevivo vor den Toren Parmas und dem Duss-Terminal in Ulm mit einem ausgeklügelten Containerlogistiksystem und kurzen Vor- und Nachläufen auf der Strasse.

Der Wirtschaftsbereich Logistik, heisst es im Resümee, habe «eine intrinsische Motivation, sich nachhaltig aufzustellen». Das zeige sich nicht nur durch die Umrüstung von Fuhrparks, Pilotprojekten zu alternativen Antrieben und den Einsatz neuer Technologien, sondern auch durch die Verbindungen und den in jüngerer Zeit zunehmend gepflegten Austausch zwischen unterschiedlichsten Unternehmen.

Hier das Whitepaper

www.transportlogistic.de

www.bvl.de