Gar nicht so einfach, sich beim Verpacken mit Stretchfolie auf die unterschiedlichsten Anforderungen vom Marmeladeglas über Waschmittelkartons und Wasserflaschen bis hin zum Farbeimer einzustellen. Beumer fährt im Zweifel «Live»-Tests, um Halt und Festigkeit zu überprüfen.

Feuchte Getränkekartons, die unter der Verpackungsfolie nicht schimmeln dürfen, gestapelte Dachziegel, die auf der Ladefläche eines Lkw bei starkem Bremsen nicht zu Bruch gehen dürfen, oder teure Artikel, die nicht unbemerkt aus der Verpackung entnommen werden dürfen – geht das überhaupt?

«Es geht bei unseren Kunden oft nicht nur darum, Ware zu verpacken, um sie vor Umwelteinflüssen zu schützen», sagt Jörg Spiekermann, Vertriebs-Chef bei Palettier- und Verpackungsanlagen für den Bereich Consumer Goods. So müssen die verpackten Stapel unter anderem sicher auf der Ladefläche eines Lkw transportiert werden können, ohne durch plötzliche Lenkmanöver oder scharfes Bremsen zu verrutschen und dadurch beschädigt zu werden. Das können Glas, Steine oder Dachziegel sein. Unternehmen setzen dabei häufig das Wickelstretchverfahren ein – schon allein wegen der deutlich günstigeren Erstinvestition in die Maschine im Vergleich zur Haubenstretchanlage. Dieses Verfahren hat jedoch auch Nachteile. «Die Wickelstretchfolie ist besonders dehnbar und verfestigt beim Verpacken die palettierte Ware. Dabei bringt sie aber nur eine geringe vertikale Spannkraft auf die Ladung auf», erklärt Spiekermann. «Genau die aber ist für den eigentlichen Halt beim Transport zuständig

Dafür gibt es dann die Hochleistungs-Anlage «stretch hood A» mit ihrer hochdehnbaren Stretchhaube. Die Stretchfolie passt sich an jeden Stapel an. Genau wie beim Wickelstretchverfahren ist die Folie sehr dehnbar – und verfestigt das Material sowohl durch die horizontalen als auch die vertikalen Rückstellkräfte. Das Verfahren biete eine deutlich höhere Ladungsstabilität. «Das können wir beweisen», so Spiekermann. Beumer führt gemeinsam mit der Prüforganisation Dekra Fahrtests unter Extrembedingungen durch.

Stretch-Experte Jörg Spiekermann.

Spiekermann erinnert sich an einen Kunden, der gefüllte Marmeladengläser direkt aus der Produktion kommend auf Paletten stapeln und ladungssicher verpacken musste. Die Herausforderung: Die Gläser befanden sich nicht in Kartons, was einfach zu verpacken wäre, sondern in Trays. Zwischen die Gläser kamen zum Schutz wiederverwendbare Sheets. So wurden die leicht zerbrechlichen Waren bis zu zwei Meter hoch gestapelt. Der Kunde dachte zuerst an das Wickelstretchverfahren. «Dabei wirkt die Kraft der Folie jedoch auf den kompletten Stapel. Die Gläser würden zusammengedrückt und könnten damit beschädigt», sagt Spiekermann. «Bei unserem Stretchhaubenverfahren bildet die Folie mit dem Stapel eine Einheit.» Doch was, wenn der Stapel bei der Verladung gekippt wird? Und zwar um bis zu 27 Grad? Das nämlich war die Vorgabe. «Wir können diese Anforderung erfüllen», sagt der Experte. «Zum Beispiel, indem wir den Stapel mit zwei dicken Folienhauben verpacken». Doch das würde sowohl mehr Zeit als auch Material kosten. Da es auch um Wirtschaftlichkeit geht, erarbeitete das Team gemeinsam mit dem Kunden in diversen Versuchen eine Lösung, bei der der Stapel bis zu 14 Grad sicher kippen kann – was für den Anwender absolut ausreichend war.

«Diese Verpackungsversuche führen wir in unserem hauseigenen Testcenter durch, bis wir das gewünschte Ergebnis vorliegen haben», sagt Spiekermann. Eine wichtige Stellschraube ist dabei die Folie. Die Experten haben in Beckum etwa 100 verschiedene Varianten von Testfolien mit diversen Eigenschaften vorliegen – dick, dünn, weich, zäh oder auch ganz anders. «Falls wir die Anforderungen nicht erfüllen können, nehmen wir die Folienhersteller mit ins Boot», berichtet der Experte. Bei den Versuchen sind die Kunden oft anwesend, was das Vertrauen deutlich stärkt», hat Spiekermann festgestellt.

Oft hatten Kunden vorher schon das Wickelstretchverfahren im Einsatz, konnten damit die Aufgabe jedoch nicht befriedigend lösen. Das war zum Beispiel bei einem niederländischen Unternehmen der Fall, das Weihnachtsartikel verkauft, oder auch bei einem schwedischen Möbelhersteller. In beiden Fällen werden Pakete mit unterschiedlichen Abmessungen auf die Paletten gestapelt. «Das sieht schrecklich aus und ist erstmal sehr instabil», sagt Spiekermann. «Aber genau so sollen die Stapel zu den Abnehmern. Weil jedes Paket unterschiedlich schwer ist, können die beladenen Paletten von 100 kg bis zu zwei Tonnen wiegen». Die stretch hood A ist mit einem Messsystem ausgestattet, um komplexe Stapel wie diese mit Laser und Ultraschall zu vermessen. Die Maschine erkennt die höchsten Stellen und passt die Folienlänge entsprechend an. «Je nach Anwendung setzen wir auch auf Zweiformat-Maschinen, um mit unterschiedlichen Foliengrössen oder -varianten arbeiten zu können». Die Maschine erkennt eigenständig die jeweilige Palettengrösse und wählt die passende Folie.

Bilder: Beumer Group

Manchmal sollen die Folien auch Löcher haben, um Feuchtigkeit aus dem verpackten Stapel entweichen zu lassen – so wie bei einem Sekthersteller. «Die Flaschen kommen aus der Abfüllung. Teilweise sind sie feucht und werden in Kartons gepackt. Befindet sich eine luftdichte Stretchhaube über dem Stapel, bleibt die Feuchtigkeit in der Verpackung», beschreibt der Experte. Feuchtigkeit entsteht auch, wenn die gefüllten Flaschen auf der Palette gestapelt hoher Wärme ausgesetzt sind, verursacht beispielsweise durch Sonneneinstrahlung während des Transports. «Gemeinsam mit dem Hersteller haben wir eine Folie mit winzigen Löchern entwickelt, die überall verteilt sind», sagt Spiekermann.

«Wir können natürlich nicht alles mit einer Stretchhaube verpacken», sagt der Vertriebsleiter und denkt dabei an einen Kunden, der Badewannen mit Folie überziehen musste. «Diese Produkte waren einfach zu gross für unser Verfahren.» Möglich wäre es gewesen - am Ende jedoch zu aufwendig und damit zu teuer. «Doch wir finden für die meisten Sonderanwendungen eine passende Lösung.»

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