Abb.: Transporeon

Grund zur Freude - oder zu neuem Zweifel an den Mess-Methoden? Sara Udvari von Ikea in Pratteln (Schweiz) stellte beim Logistikkongress in Berlin Zahlen zu CO2-Footprints – beispielweise eines Möbelhauses - vor, die sich teils um zweistellige Prozente unterscheiden. So etwas kann künftig teuer werden.

 Welche Zahlen sind nun die «Richtigen»? Bieten sich hier möglicherweisen neue Gelegenheiten, mit Mogelpackungen «um`s Eck» zu kommen, statt den tatsächlichen «Footprint» zu reduzieren? Udvari sah jedenfalls Grund genug, ein Ende der «Guesstimation» zu fordern, die ihrer Ansicht nach eine einigermassen krude Mischung aus «Schätzung» (Estimation) und Rätselraten (Guess) darstellt.

Immerhin gibt es bislang drei international anerkannte Methoden. Alle stünden im Einklang mit dem Rahmen des Global Logistics Emissions Council (GLEC) und dem Greenhouse Gas Protocol, dem UN-geführten Global Green Freight Action Plan und CDP-Anforderungen, bringen aber stark unterschiedliche Werte hervor.

S.Udvari (re.)

Innerhalb des Rahmens gibt es drei anerkannte Methoden zur Messung von Emissionen:

  1. Standarddaten resultieren aus branchenüblichen Durchschnittszahlen, wie sie aus geplanten Transportwegen sozusagen «üblicherweise» zu erwarten wären.
  2. Modellierte Daten sind detaillierter und berücksichtigen ermittelte Daten - soweit vorhanden. Zum Beispiel Fahrzeugtyp, Ladungsgewicht, Region und real gefahrene Strecke.
  3. Primärdaten berücksichtigen Echtzeitdaten über tatsächlich zurückgelegte Strecken, tatsächlichen Kraftstoff- bzw. Energieverbrauch und die Kraftstoffart, die von der Telematik bereitgestellt werden.

 Derzeit geben die meisten Unternehmen Zahlen an, die auf Schätzungen beruhen, und somit höher, aber auch niedriger als in Wirklichkeit sein können. Als Ergebnis könnten Unternehmen in Zukunft möglicherweise stärker für vermeintlich höhere Emissionen zur Kasse gebeten werden, als nötig. Oder – dito – eben auch umgekehrt. Die EU-Kommission arbeitet deshalb im Rahmen des Green Deal und der europäischen Klimagesetze an einheitlichen Standards. Schliesslich soll die Transportlogistik ab 2026 nicht mehr vom Zertifikate-Handel ausgenommen und dann gleichermassen dem EU-Emissionshandel unterworfen sein. Das erfordert zertifizierte und genauere Berechnungen.

Ikea machte sich mithilfe des Logistik-Software-Anbieters Transporeon daran, realen Werten anhand einer Fallstudie mit Girteka, mit 9000 Lkws einem der grössten anlagenbasierten Logistikanbieter in Europa, näher zu kommen. Der Versuch beinhaltete die Nachverfolgung von rund 1720 Transporten mit den drei im GLEC-Rahmenwerk beschriebenen Methoden.

Abb.: Ikea/Udvari

Die Studie ergab, dass unter gleichen Bedingungen die durchschnittlichen Well-to-Wheel-Emissionen, die unter Verwendung von Primärdaten gemeldet wurden, 5 % niedriger waren als die Emissionen, die unter Verwendung der Standardwerte gemeldet wurden. Bei Transporten über 900 km wurden 6 % weniger an realen «Footprint»-Werten ermittelt, bei Schwertransporten 11 % weniger als vermutet, und bei multi-modalen Transporten (Strasse – Schiene) sogar 27 % weniger, als anhand von «branchen-üblichen» Zahlen vermutet.

Volker Rügheimer, Supply-Chain-Entwicklungs-Chef bei VW, leistete ebenso wie Stephan Sieber, Transporeon-CEO, Schützenhilfe. «Für vieles stehen eben noch keine ausreichenden Fakten zur Verfügung». Aber die Sache sei wichtig. «Wir werden künftig bestraft, wenn`s nicht stimmt». Grundsätzliches Plädoyer Siebers in der Sequenz, die von Christine Mezger-Behan, Supply-Chain-Chefin der Kion-Gruppe, moderiert wurde: «Wir sollten die Nachhaltigkeit eher als Chance sehen, Dinge besser zu machen (und mit neuen, daran festgemachten Geschäftsmodellen Geld zu verdienen), denn als lästige Pflicht».

«Treiber» sind die klassischen Branchen-Segmente Transport, Lagerung und Verpackung. Bereiche, in denen die Logistik Kompetenzen vorzuweisen hat.

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