Verwüstetes Sicherheitstor

Genau an der Spurwechselstelle der beiden Alptransit-Röhren in Höhe von Faido entgleiste am Donnerstag ein Güterzug und riss weite Teile des unterirdischen Gleisbetts auf. Mehrere Gefahrgutwagen im hinteren Teil des Zuges entkoppelten sich. Zwar waren sie nicht gefüllt, aber immer noch innerhalb der Risikoklasse.

«Das macht uns sehr betroffen», so Rudolf Büchi, Vizechef der SBB-Infrastruktur. «Wir hatten gehofft, dass genau so etwas nie eintreten wird». Auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Bellinzona wurden Fotos von der Unglücksstelle präsentiert, die Gegenstand eingehender Untersuchung ist. Die Schienenverkehre werden gegenwärtig über die Bergstrecke umgeleitet, die aber rund ein Drittel weniger Kapazität hat. Bis mindestens Mittwoch, heisst es, sei die Strecke gesperrt.

Grafik: SBB

An der Multifunktionsstelle Nord bei Faido, an der auch eine Weiche ist, dürfen bis zu 100 kmh gefahren werden. Der Güterzug war mit 32 Wagen in Richtung Norden unterwegs. Die betreffende Weiche, an der schliesslich in Folge insgesamt 23 Wagen entgleisten, so Büchi, habe wie ein Keil gewirkt und bis an das Sicherheitstor der Verbindung zwischen den beiden Tunnelröhren für erhebliche Zerstörungen gesorgt, dies sogar zum Teil durchschlagen.

Aufnahmen zeigen ein Trümmerfeld übersät mit Ladegut, das weit verstreut wurde. Die Gleisanlage an der Weiche ist fast völlig zerstört. Büchi: «Es müssen erhebliche Kräfte gewirkt haben». Schienen wurden aufgerissen, nachfolgende Wagen landeten im Gleisbett. Die Torsionskräfte sorgten allerdings auch dafür, dass sich der hintere Zugteil entkoppelte beziehungsweise losriss.

Fotos: SBB

Jetzt soll abgeklärt werden, ob mithilfe von Schweissarbeiten die nicht betroffene Parallelröhre per Wiederinstandsetzung des Sicherheits-Schotts wieder in Betrieb genommen werden kann. «Wir befinden uns hier 2000 m unter der Bergkuppe», warb Büchi um Verständnis, «und können hier nicht mit schweren Geräten arbeiten». Es werde einige Zeit dauern. Glück sei hier auch, dass die Unglücksstelle bei Faido über den sogenannten «Zwischenangriff» bei Faido zugänglich sei.

Isabelle Betschart Kühne Mitglied der Geschäftsleitung und Leiterin Produktion SBB Cargo: «Wir können das meiste über die Bergstrecke umleiten – aber eben mindestens 30 Prozent weniger».

Büchi: «Wir werden über´s Wochenende mit Hochdruck arbeiten». Die Street Parade in Zürich wird möglicherweise ein paar Teilnehmer weniger haben. Oder zumindest etliche, die sich im Zug über die Pass-Strecke via Andermatt mit Stehplätzen werden begnügen müssen. Am Brenner, der für den innereuropäischen Güterverkehr als mögliche Ausweichroute über Österreich dienen könnte, finden Bauarbeiten statt – dort werde der Alpenübergang bis 23. August gesperrt sein, so Büchi.

Hätte es auch einen Passagierzug treffen können? Büchi: «Es sind Überwachungseinrichtungen installiert, die – wie auch am Lötschbergtunnel - den gesamten Zug vor der Einfahrt kontrollieren und im Fall von Auffälligkeiten Alarm schlagen. (…) Es gibt natürlich immer ein kleines Restrisiko, das man nicht ausschliessen kann». Das Gleis jedenfalls sei in Ordnung gewesen, da auch dort regelmässige Kontrollen stattfänden. Die Untersuchungen fokussieren sich momentan auf das Rollmaterial. Mit dem Zug sei ausschliesslich Transitfracht zwischen Deutschland und Italien befördert worden.

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