Die Migros koppelt mit Kamaz

282 Aussteller haben sich zur «Nutzi», der Nutzfahrzeugmesse in Bern angemeldet - und ab heute lassen bemerkenswerte Neu-Entwicklungen auf den rund 50.000 Quadratmetern der Bernexpo auf sich warten. Der verlängerte TestDrive ist vor allem den E-Trucks, ein Mobility-Forum dem autonomen Fahren gewidmet.

Zur Eröffnung der Nutzfahrzeugmesse kamen am Dienstag rund 400 geladene Gäste in die alte Festhalle. Beim Rundgang mit Michael Gehrken, Präsident des Schweizerischen Fahrlehrerverbandes SFV, sorgen wuchtige Kolosse für gesteigerte Aufmerksamkeit, da inzwischen auch die Fahrzeuge der höheren Tonnage-Klassen mit elektrischen Antrieben aufwarten. Vor vier oder sechs Jahren, macht Gehrken auf die Innovationskraft der Branche aufmerksam, «waren hier nur ein paar einzelne, batteriebetrieben Fahrzeuge zu sehen. Schauen Sie sich jetzt mal um». Angeführt wird die Parade der Stromer von Weltneuheiten «Engineered in Switzerland» mit über 900 kWh Batteriekapazität.

Renaults «Päckliblitz»

Natürlich ist nicht die gesamte Branche auf denselben Zug aufgesprungen. LNG, Wasserstoff und Akku-Fahrzeuge konkurrieren miteinander. Hersteller wie Volvo halten sich ausdrücklich die Option offen, die für die jeweilige Anwendung effizienteste Antriebstechnik letztlich entscheiden zu lassen – und den Markt. «Bei uns wird auf jeden Fall die Decarbonisierung grossgeschrieben», heisst es. Vom Altglas-Container-Riesen bis hin zum 4-Achser FMX. Klar ist aber auch, dass von Verbrennungsmotoren nach wie vor «fossil» angetriebene Maintenance-, Liefervarianten für die City und vielseitige Service- und Versorgungs-Fahrzeuge unter Druck nach maximalem Nutzen optimiert werden.

Die Migros rückt mit einem E-Truck des russischen Tochterunternehmens Kamaz an, auf beträchtlichem Areal in Halle 2 die passionierten Fahrzeug-Pioniere des auf Elektro-Technologie spezialisierten Herstellers «Futuricum». Offenkundig, dass sich inzwischen kaum noch ein Anbieter leisten kann, ohne E-Modell aufzutreten. Mit renommierten Marken und Vorzeige-Projekten bestehe die Chance, «dass wir wieder zu einer Vorzeige-Branche werden», so Gehrken.

Die Decarbonisierung ist im Gange

Für die Logistik-Branche erfreulich die starke Präsenz der Stapler-Branche, Jungheinrich als Messepartner mit seinen Lösungen für die Rampe und demFokus auf den ERD 220i in Halle 3, Linde Material Handling in Halle 1.2, Toyota Material Handling in Halle 2.0, Arbor mit den Lösungen von Combilift in Halle 3.0, HKS mit Yale in Halle 3.2.

Freude für City-Logistik-Anbieter bei Renault, die ihren «Päckliblitz» ins Rampenlicht rücken. Ein «Master Z.E. in der Konfiguration KEP für den anspruchsvollen innerstädtischen Verteilverkehr». Kein Lieferfahrzeug mit höchstlast-verdächtigem Automatikregal und eingesägtem Drohnenlandeplatz auf dem Transporter-Dach, wie vor einiger Zeit schon mal bei einer Modellstudie aus Sindelfingen zu sehen; stattdessen immer noch ein relativ handliches Fahrzeug mit zweckorientierter Innenausstattung, sensorgestützter Schiebetür für den Frachtraum und erhöhter Kopffreiheit für den Fahrer.

Perspektiven: Stapler-Cockpit

In dieser Kategorie auch das «Sesam öffne dich» beim neuen Kangoo Van, den der Fahrzeugeinrichtungs-Spezialist Sortimo mit an die Messe genommen hat. Öffnet man die Schiebetüre, verbirgt sich dahinter das SR5 Rotationsregal – auch hier eine Lösung, die das höchstzulässige Gesamtgewicht nicht unnötig einschränkt. Bei Ford feiert der E-Transit sein uneingeschränktes Ladevolumen und schätzungsweise bis zu 317 km Reichweite.

Am zweiten Messetag, Donnerstag, steht das Autonome Fahren im Mittelpunkt, das den Camion-Chauffeuren nach allgemeinem Dafürhalten einiges an Umstellungen abverlangen wird. Auf dem «Mobility Forum» (Beginn 9.45 Uhr im Kongresszentrum) stehen unter anderem Beiträge von Jürg Röthlisberger (ASTRA), Miriam Elser (Leiterin Fahrzeugsysteme der Empa), David Piras (Les Routiers Suisses), und Rainer Deutschmann (Migros Sicherheit & Verkehr) auf dem Programm.

Fotos: Koch

Die alte Festhalle selbst, die heute die Nummer «4» trägt, ein rund 50 Jahre altes Provisorium, steht demnächst vor dem Abriss. Sie soll nach einem Votum der Stadtberner Stimmberechtigten bis 2023 einem Neubau weichen, der rund 95 Mio. Franken kosten wird. Die Stadt Bern steuert dazu voraussichtlich 15 Mio. Franken bei.

Klaus Koch

www.transport-ch.com