Holliger erfüllt mit seinen EPAL-Ladungsträgern schon heute alle Voraussetzungen für die Zero-Waste-Anforderungen des Europaean Green Deal. Im deutschen Zweigwerk soll - unter anderem durch weiter automatisierte Prozessabläufe - die Produktion in den nächsten Jahren deutlich gesteigert werden.
Seit 2012 ist das Bregwerk in Wolterdingen neben dem Hauptsitz in Boniswil, dem schweizerischen Villmergen, Weinfelden und Donaueschingen einer von fünf Standorten der Holliger-Gruppe. In der Halle wird konzentriert gearbeitet. Unter dem üblichen Geräuschpegel und teilautomatisiert rücken in grossen Chargen auf dem Hof bereitgestellte Deckbretter, Bodenbretter, Eckklötze in der Fertigung voran. Hämmern, Klopfen, Zischen, Sägen sind die Begleitkulisse für die Produktion des klassischen EPAL-Ladungsträger mit seinen «elf Brettern, neun Klötzen und 78 geriffelten Nägeln». Ein kontinuierlicher Produktionsfluss, Stück um Stück, Holz um Holz.
Am Schluss die Qualitäts- und Sichtkontrolle, das ovale EPAL-Logo und die Registrierungsnummer. Nicht zu vergessen das IPPC-Signet gemäss den Pflanzenschutz-Bestimmungen. Alle vier Sekunden verlässt eine Palette die Produktionsstätten von Holliger. Rund 1,5 Mio. sind es pro Jahr.
Markt und Preise waren in zurückliegenden Jahren starken Schwankungen ausgesetzt - an der Bauform, wie auch zahlreichen Sonderanfertigungen, hat sich wenig geändert. Der europaweite Pool, derzeit mit 650 Mio. zertifizierten Paletten und allein in Deutschland über 109 Mio. pro Jahr neu hergestellten Ladungsträgern, ist weiterhin am Wachsen.
Punkten durch Nachhaltigkeit
Pascal Holliger (37), Nachfolger von Robert Holliger und Mitglied der Geschäftsleitung, verweist auf den Umstand, dass nun, nach der Coronakrise und weltweiten Störungen in den Supply Chains, wieder stärkere Lagerbestände gefragt sind, wenngleich auch schon wieder ein Überangebot drohen könnte. Noch schneller, sagt er, liesse sich in der Palettenproduktion ohnehin kaum noch arbeiten. «Dann würden uns die Bretter davonfliegen», meint er humorvoll.
P.Hollger Foto: klk
Bei Holliger, dessen langjähriger Geschäftsführer Robert Holliger über Jahre hinweg auch Präsident der europäischen Vereinigung war, arbeiten in Grenznähe zu Schweiz rund 50 Beschäftigte in Wolterdingen, etwa genausoviele an den schweizerischen Standorten. In Wolterdingen soll in kommenden Jahren in Höhe einer zweistelligen Millionensumme ausgebaut werden. Eine neue Trockenhalle ist geplant. Die könnte, wenn alles klappt, bis 2024 entstehen, eine neue Sprinkleranlage, bis 2025/26 eine weitere Produktionshalle und ein Rohmaterial-Lager mit optimiertem Materialfluss und automatisierten Flurförder-Fahrzeugen eingerichtet werden. Damit könnte sich der «Output» verdoppeln, die Zahl der Mitarbeitenden ebenfalls steigen.
Holliger schwört – «ausser bei ganz speziellen Einsatzzwecken» – auf den Ladungsträger aus zertifiziertem Holz statt Kunststoffmaterial. Aufmerksam werden die Diskussionen zur jeweiligen Nachhaltigkeit auf EU-Ebene verfolgt. Die Holzpalette, so Holliger, sei auf jeden Fall naturnäher. Anforderungen der Food-, Chemie- und Pharma-Industrie muss natürlich Rechnung getragen werden. Vor allem grosse Lebensmittel-Verteiler, die auch Kunden bei Holliger sind, mussten in zurückliegenden Jahren verschärften Anforderungen standhalten.
Bregwerk aus der Vogelperspektive.
Die klassische Europalette steht dem Stellenwert des Containers als normiertem, auswechselbarem und universellen Teil der Transportwelt in nichts nach. Eine sichere Grundlage für stabile Lieferketten – und in der praktischen Handhabung nahezu unschlagbar, weil in der klassischen Ausführung von allen vier Seiten mit Flurfördergeräten wie Gabelstaplern oder Hubwagen aufzunehmen und zu befördern. Wäre sie als Ladungsträger – auch bei anderen Anbietern - nicht schon in aktuell bald milliardenfacher Ausfertigung unterwegs, müsste man sie in Zeiten, in denen es verstärkt um Nachhaltigkeit geht, wohl nochmal «erfinden»: Als Exempel für eine nahezu perfekte Kreislaufwirtschaft und besonderes Beispiel für sorgsamen Umgang mit den vorhandenen Resourcen. Ist sie komplett aus Holz, wie neben zahlreichen Sonderanfertigungen und Boxen die EPAL-Standardausführung bei Holliger, glänzt sie in der CO2-Bilanz mit jedem Exemplar - in der Herstellung energiesparend und unabhängig von Kunststoffen oder weiteren Erdölprodukten - sogar mit einem rein rechnerischen CO2-Vorteil von «minus» 27,5 kg.
Foto: Holliger
Bei Holliger kommt hinzu, dass hier ein preisgekröntes Serviceportal um den Ladungsträger herum aufgebaut wurde, für dessen Konzept das Unternehmen 2005 schon mal mit dem Swiss Logistics Award ausgezeichnet wurde. Kunden können «online» die Verrechnung von Paletten-Tauschvorgängen, die Verbuchung und Rückläufe verfolgen. Wenn eine Palette schon mal repariert wurde, kommt im Service-Center nochmal ein Nagel drauf, verschmutztes Material, Teile mit Absplitterungen, ramponierten Querbrettern oder lädierten Klötzen werden ausgemustert, dem Recycling zugeführt.
Nichts wird weggeworfen
Der Kreislauf funktioniert europaweit. Da wird nichts einfach «weggeworfen». 1991 gegründet und heute in mehr als 35 Ländern aktiv, stehen bei der Europäischen Paletten-Organisation EPAL Tauschpool, Qualitätssicherung und Reparatur von Europaletten, EPAL-Gitterboxen und genormten Ladungsträgern im Vordergrund. Sturmerprobt, hartgeprüft, inzwischen gern kopiert und konkurrenziert, ist sie seit mehr als drei Jahrzehnten ein Musterbeispiel für nachhaltige Kreislaufwirtschaft.
Foto: klk.
Per Wiederverwendung, Tausch, Reparatur und Recycling beruft sich die European Palett Association darauf, dass die EPAL-Paletten als Teil des European Green Deal dem Ziel der Packaging und Packaging Waste Regulation (PPWR) entsprechen, Verpackungen in grösserem Umfang als heute wiederzuverwenden und zu recyceln. Der Tausch im offenen EPAL-Palettenpool gilt als Musterbeispiel für das angestrebte «Zero Waste-Konzept».
Klaus Koch
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- Geschrieben von: Klaus Koch