Die Väter der neuen Dornier Seastar kommen vom Bodensee. Das zweimotorige Amphibienflugzeug soll von Graspisten, Wasser-, Schnee- und Eisflächen aus starten können. Im März 2020 war der Erstflug. Jetzt folgten Standschwingungsversuche – ein Teil des Zulassungsverfahrens. Auch die RUAG ist Partner.

Ein Team von Forschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat das Flugboot in Oberpfaffenhofen untersucht. Standschwingungsversuche sind ein Schlüsselelement des Versuchsprogramms für jedes neue Flugzeug zur Erlangung der zertifizierten Flugtauglichkeit. Die anhand der Standschwingungsversuche ermittelten experimentellen Versuchsdaten dienen sowohl der Anpassung und Verbesserung des mathematischen Strukturmodells des Flugzeugs, als auch der Vorhersage von Schwingungsamplituden im Betrieb bis hin zum Ausschluss von Flatterrisiken in der Flugcharakteristik. Wie eine Fahne im Wind schwingen auch Flugzeuge im Flug. Dabei sollten kritische Grenzwerte nicht überschritten werden.

Fotos: DLR / Dornier Seawings

«Bei der Dornier Seastar bestand eine Herausforderung darin, das auf der Rumpfoberseite liegende Triebwerk ausreichend in Schwingung zu versetzen», sagt Versuchsleiter Julian Sinske. Die Anregung der Triebwerke geschah mit Hilfe eines Krans und eines speziellen Gestells, mit dem der Schwingungserreger in Position gebracht wurde. Insgesamt 180 Sensoren massen die Auswirkung der in Schwingung versetzten Bauteile des Flugboots. Daraus lassen sich Aussagen über das Flugverhalten treffen. Die Göttinger Aeroelastik-Forscher sind internationale Experten auf dem Gebiet von Standschwingungsversuchen. Sie führten solche Tests unter anderem auch am Airbus 350 und dem Airbus Beluga XL durch.

Die Dornier Seastar wurde ursprünglich bereits in den frühen 1980er Jahren entwickelt. Die Musterzulassung in der damaligen Konfiguration wurde Anfang der 1990er Jahre erteilt und ein Vorserienflugzeug gebaut. Nach der Gründung der Dornier Seawings GmbH in 2013 erfolgte am 28. März 2020 der erfolgreiche Erstflug der neuen Generation «next generation» mit der Registrierung D-IDSW in Oberpfaffenhofen statt.

Die aktuellen Versuche der Göttinger DLR-Forscher fanden fast genau 100 Jahre nach den ersten Forschungen zu Flugbooten von Dornier statt. Dornier galt als Pionier auf dem Gebiet der Flugboote und entwickelte die ersten kommerziell erfolgreichen Typen. Wichtige Untersuchungen dazu fanden in den Windkanälen des DLR-Vorgängers AVA (Aerodynamische Versuchsanstalt) in den 1920er und 1930er Jahren in Göttingen statt. Untersucht wurden damals die Typen Dornier X, seiner Zeit das grösste Flugzeug der Welt. Und zuvor die Dornier «Wal», der Urvater vieler Wasserflugzeuge und auch der Ahnherr der heutigen Seastar.

«Die Do Wal war ein sehr zuverlässiges Flugboot, das für verschiedene Zwecke eingesetzt wurde. Es wurde als Passagierflugzeug, für den Postflug und als Expeditionsflugzeug verwendet. Dadurch, dass die Do Wal vielseitig einsetzbar war und nicht nur vom Land, sondern auch vom Wasser aus starten konnte, war es ein beliebtes «Hybridflugzeug» und konnte sich daher auch als neue Kategorie durchsetzen», sagt Jessika Wichner, Leiterin des Zentralen Archivs im DLR.

Dornier Seawings gehört zu 85 Prozent der chinesischen WuxiCommunications Industry Group, von der auch die Geschäftsführerin Amy Pan stammt, die an der Nanjing Universität graduierte. Die Gruppe besitzt 17 Holdinggesellschaften, die in den öffentlichen Verkehr, Bau von Verkehrsinfrastrukturen, Flugzeugbau, allgemeine Luftfahrtdienste, «innovative Transportsysteme» und Taxis investieren.

Ein Video hierzu gibt es hier

www.dornierseawings.com

www.dlr.de