Zwar hat der Verkehrsminister sein Bundesamt für Güterverkehr inzwischen zum Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) erklärt. Rein verbal wäre er damit wieder «vorne dran». Die deutsche «Allianz pro Schiene» moniert jedoch, dass Deutschland bei den Pro-Kopf-Investitionen in die Schiene immer noch im Keller rangiert.
Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege räumte am Donnerstag in Berlin ein, dass die Bundesrepublik «mit 124 Euro pro Einwohner im vergangenen Jahr soviel in das Schienennetz investiert (habe) wie noch nie». Das könnte – mit etwas schrägem Humor - quasi «Balsam» (Englisch: «Balm») für den Gleisverkehr sein. Aber auch andere europäische Staaten, so Flege, hätten die staatlichen Investitionen ins Gleisnetz «deutlich gesteigert», so dass Deutschland im europäischen Vergleich nur knapp vor Italien liege. Spitzenreiter im europäischen Vergleich seien Luxemburg, die Schweiz und Norwegen.
Der Verband ermittelt jährlich gemeinsam mit der Unternehmensberatung SCI Verkehr, wieviel Geld ausgewählte Staaten Europas pro Kopf in die Schieneninfrastruktur investieren. Spitzenreiter im Jahr 2021 waren Luxemburg mit 607 Euro pro Einwohner und die Schweiz mit 413 Euro. Mit Pro-Kopf-Investitionen von 315 Euro erstmals auf Platz drei ist Norwegen. Österreich liegt mit 271 Euro auf dem vierten Platz und damit ebenfalls in der Spitzengruppe. Deutschland liegt hinter Grossbritannien (158 Euro), Dänemark (157 Euro) und den Niederlanden (147 Euro) abgeschlagen auf einem der hinteren Plätze direkt vor Italien (103 Euro).
Der deutliche Anstieg der Investitionen in Deutschland von 88 Euro pro Kopf im Jahr 2020 auf 124 Euro pro Kopf im Jahr 2021 basiere «in Teilen auf einem Sondereffekt». Die vom Bund im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm 2030 bereitgestellten Mittel für die Eigenkapitalerhöhung der Deutschen Bahn wurden in 2021 nachträglich auch für das Jahr 2020 ausgezahlt. «Nach diesem Sondereffekt ist ein erneutes Zurückfallen Deutschlands bei den Pro-Kopf-Investitionen im Jahr 2022 bereits vorprogrammiert», so Flege mit Verweis auf den Haushaltsplan für das laufende Jahr. «Das passt weder zu den ambitionierten Zielen des jetzigen Koalitionsvertrages noch zur weiter steigenden Verkehrsnachfrage auf der Schiene», so Flege.
«Deutschlands Schienennetz ächzt unter der Verkehrslast. Die Nachfrage nach Güter- und Personentransporten auf der Schiene ist riesig. Immer mehr Unternehmen und Menschen wollen die Bahn nutzen, stossen aber auf Kapazitätsengpässe, weil die Schieneninfrastruktur unterdimensioniert und unterfinanziert ist. Das Schlimme ist, auch bei der Digitalisierung des Schienennetzes hinkt Deutschland im EU-Vergleich weit hinterher», sagte die Geschäftsführerin von SCI Verkehr, Maria Leenen.
SCI Verkehr hat in einer aktuellen Studie «ETCS Development until 2030 in Europe» die Ausbaudynamik der Digitalisierung europäischer Bahnnetze untersucht. Demnach plant Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern bis 2030 kaum nennenswerte Massnahmen und verfehle sein selbstgestecktes Ziel deutlich, bis 2035 die kompletten Bundesschienenwege mit dem European Train Control System (ETCS) auszurüsten. Leenen: «Bleibt es bei den heute bekannten Projekten und politischen Entscheidungen, wird die digitale Schiene auch 2040 in Deutschland noch keine Realität sein, während Länder wie Belgien, Dänemark oder die Schweiz ihre Hausaufgaben längst gemacht haben und damit auch durchgängige Verkehre durch Europa ermöglichen.»
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- Geschrieben von: Klaus Koch